EU-Gericht: Quote für ausländische Medizinstudenten erlaubt

13.04.2010 15:18

   Luxemburg/Wien (dpa) - Bei Ärztemängel im eigenen Land dürfe
n
Universitäten in der EU den Zustrom ausländischer Medizinstudenten
begrenzen. Eine solche Quote ist zulässig, entschied der Europäische
Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg (Rechtssache C-73/08).
Das Urteil betriff auch deutsche Medizinstudenten, von denen viele
zum Studium nach Österreich ziehen. Ihre Zahl bleibt beschränkt: Die
österreichische Quote von 20 Prozent für Medizinstudenten aus
EU-Ländern ist nach dem Urteil zulässig.

Meist kehren ausländische Studenten nach dem Abschluss in ihr
Heimatland zurück, um dort als Arzt zu arbeiten - sie fehlen dann in
dem Land, wo sie ausgebildet wurden.

Die Richter setzten aber enge Grenzen: Eine Quote sei nur dann
rechtens, wenn ein Land nachweislich mehr Ärzte für das eigene
Gesundheitssystem brauche und andere Maßnahmen nicht ausreichten. Das
nationale Gericht müsse dies prüfen. Nach Ansicht der Richter hat das
Allgemeininteresse, nämlich eine flächendeckende Versorgung mit
Ärzten und ein funktionierendes Gesundheitssystem, Priorität vor dem
Interesse eines Studenten.

  Österreich hatte 2006 für Medizinstudenten aus anderen
EU-Ländern eine Quote von 20 Prozent festgesetzt. Damit wollte das
Land den Ansturm deutscher Studenten eindämmen, die nach der
Aufhebung der Uni-Zugangsregelungen in großer Zahl ins Nachbarland
zogen - und es dann nach Abschluss des Studiums wieder verlassen. Die
EU-Kommission hatte Österreich - ebenso wie Belgien - ein
Moratorium bis 2012 gewährt.

   Im vorliegenden Fall ging es um den französischsprachigen Teils

Belgiens, die Wallonie. Die Region sah sich wegen niedriger
Studiengebühren von Studenten aus Frankreich überrollt. Daher hatte
die Wallonie die Zahl der ausländischen Studenten für das
Medizinstudium auf 30 Prozent beschränkt und ließ unter den Bewerbern
das Los entscheiden. Dabei ging es vor allem um die Studiengänge
Medizin, Tiermedizin, Logopädie, Heilgymnastik und die
Hebammen-Ausbildung.

   Der EU-Gerichtshof kritisierte diesen Schritt als Diskriminierung

von EU-Bürgern aus Gründen der Staatsangehörigkeit - dies ist in der

Europäischen Union verboten. Nur in Ausnahmefällen könnte dies
rechtens sein, schrieb der Gerichtshof. Darüber müsse das nationale
Gericht auf Basis von exakten Daten entscheiden. Es müsse prüfen, ob
der Schutz der öffentlichen Gesundheit wirklich gefährdet sei, ob
dank der Quote tatsächlich mehr Ärzte im eigenen Gesundheitssystem
arbeiteten und ob weniger einschneidende Maßnahmen nicht das gleiche
Ziel erreichen könnten wie zum Beispiel Anreize zur Niederlassung von
Ärzten.

   Die österreichische Wissenschaftsministerin Beatrix Karl begrü
ßte
die Entscheidung. «Wir brauchen die Quotenregelung, um den
medizinischen Nachwuchs und die Gesundheitsversorgung
sicherzustellen, und dieses Argument wurde nun vom EuGH anerkannt»,
sagte sie. Derzeit gingen die meisten der deutschen Medizinstudenten
nach dem Uni-Abschluss wieder in ihr Heimatland zurück. Von der Idee,
Anreize zu schaffen, damit deutsche Ärzte in Österreich bleiben, hält

die Ministerin wenig: «Im Moment würden wir uns damit schwer tun,
weil Deutschland Ärztemangel hat und massiv um ausländische Ärzte
und in Österreich ausgebildete deutsche Ärzte wirbt.»

(Wortlaut Urteil im Internet: http://dpaq.de/1JeLI)
dpa mt/cf xx z2 tm