Goethe-Institut-Leiter: Griechen weiter sauer auf Merkel Gespräch: Maren Martell, dpa

17.09.2011 10:29

Thessaloniki (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nach
Einschätzung des Leiters des Goethe-Instituts in Thessaloniki, Peter
Panes, bei vielen Griechen nachhaltig Vertrauen verspielt. «Viele
nehmen ihr als wahltaktisch empfundenes Verhalten bei der Schnürung
des ersten Griechenlandpakets im vergangenen Jahr immer noch übel»,
sagte Panes in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

«Ihr zunächst ablehnendes Verhalten hat das deutsch-griechische
Verhältnis deshalb unnötig belastet, weil parallel der französische
Präsident Nicolas Sarkozy sich vorbehaltlos für die Unterstützung
Griechenlands ausgesprochen hat und Frau Merkel von Anfang an davon
ausgehen musste, dass es letztlich zum Sparpaket kommen musste.»

«Frau Angela Merkel» sei mittlerweile in Griechenland sogar zu
einem Schimpfwort für Frauen und Mädchen geworden. «Das Ganze ist
ziemlich verfahren und wird schwierig zu reparieren sein, zumal es
die besonnenen Kräfte in beiden Ländern, die sich für Ausgleich und
Veränderung einsetzen, in die Defensive bringt», betont Panes.

Im ersten Ringen um milliardenschwere Hilfen für das
pleitebedrohte Griechenland hatte Deutschland lange auf die Bremse
gedrückt. Viele Beteiligte hätten den Eindruck gehabt, Merkel spiele
auf Zeit - auch wegen der damals wichtigen Landtagswahl in
Nordrhein-Westfalen. Nach Einschätzung von Panes ist das Image von
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hingegen differenzierter, weil
bei ihm deutlich werde, dass er als pro-Europäer Griechenland nicht
abgeschrieben habe.

Viel Schaden hätten aber auch deutsche Medien angerichtet. «Deren
Verhalten haben viele Griechen nicht verstanden», sagt Panes. Mit so
populistischen Forderungen wie «verkauft doch Eure Inseln» oder die
Griechen beleidigenden Artikeln sei ziemlich viel kaputt gemacht
worden. «So verhält man sich nach Auffassung vieler Griechen nicht in
einer europäischen Familie.»

Nach Einschätzung Panes könnte die derzeitige Krise in
Griechenland auch einen grundsätzlichen Wandel auslösen. «Jetzt
brechen Krusten auf und es wird deutlich, dass bisher eingefahrene
Rituale in Kultur und Gesellschaft nicht mehr greifen.» Darin sei
viel Potenzial zu sehen. Da könne sich etwas verändern, was längst
überfällig gewesen sei.

Nötig sei aber auch ein Bewusstseinswandel. Lange hätten bei den
Griechen Familie und Freunde klaren Vorrang vor dem Gemeinwohl des
Staates gehabt. Das sei auch auf die jahrhundertelange türkische
Herrschaft zurückzuführen. «In den Köpfen der Leute war lange fest

verankert, die Obrigkeit beziehungsweise den Staat für etwas Fremdes,
Feindliches zu halten. Das muss sich jetzt ändern.»

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