Das ganz große Rad: Euro-Rettungsfonds bald grenzenlos? Von Frank Brandmaier und André Stahl, dpa

25.09.2011 13:16

Der neue Euro-Rettungsschirm EFSF ist noch nicht einmal durch die
Parlamente, da regen sich schon Zweifel, ob er groß genug ist. Ideen
gibt es, die Feuerkraft zu stärken. Das neue Zauberwort: Kredithebel.
Schäuble bleibt vage und spricht von «effizienter» EFSF-Nutzung.

Washington (dpa) - Wenn sich die Nachrichten rund um Griechenland
und die Euro-Schuldenkrise wieder überschlagen, gibt Wolfgang
Schäuble gern den entspannten Retter. Dann weicht er auch mal auf
Erzählungen aus seiner Heimat aus und meidet klare Aussagen.

So auch in der neuen hitzigen Debatte um eine Ausweitung des
Rettungsfonds EFSF hin zu einer gigantischen Finanzfeuerwehr - quasi
mit unbegrenzten Mitteln für Nothilfen, um mit einem Schutzwall um
die Eurozone ein für allemal für Ruhe an den Märkten zu sorgen.

Schäuble macht bei entsprechenden Fragen einen großen Bogen um
klare Aussagen. Erst einmal müssten die bisherigen Beschlüsse der
Euro-Länder umgesetzt werden. Nach einem Treffen mit Ressortkollegen
und Notenbankchefs der Top-Wirtschaftsmächte (G20) in Washington
schob er nebulös nach: Er komme aus dem Schwarzwald und sei früher
viel gewandert. Dabei habe er die Erfahrung gemacht, immer ein
Schritt nach dem anderen zu machen, um nicht zu stürzen.

Längst aber wird hinter den Kulissen über Wege gestritten, die
Schlagkraft des EFSF mit einem Volumen für Notkredite von bis zu 440
Milliarden Euro nochmals zu erhöhen. Dabei hatten die Euro-Länder
erst im Juli beschlossen, den Fonds mit neuen Instrumenten
auszustatten. So soll er Anleihen kriselnder Euro-Länder kaufen.
Das muss von den Parlamenten noch gebilligt werden. Was die
Krisenmanager nicht daran hindert, ein noch größeres Rad zu drehen.

Aus wohl nicht unbegründeten Sorgen. So hat die Europäische
Zentralbank (EZB) bisher etwa 140 Milliarden Euro in die Hand
genommen, um Anleihen der Krisenstaaten zu kaufen. Der EFSF soll sie
davon entlasten. Da stellt sich die Frage, ob das Geld bis Mitte 2013
reicht, wenn der EFSF durch den neuen Rettungsschirm ESM abgelöst
wird. Zumal sich die Krise in der Euro-Zone noch verschärfen kann und
die Turbulenzen rund um Griechenland einfach kein Ende finden.

Eine nochmalige EFSF-Aufstockung aber scheint illusorisch. So wird
über Alternativen nachgedacht, um die Feuerkraft dennoch zu erhöhen.
Der Nachfolger ESM könnte vorgezogen werden - darüber gibt es bereits
erste Spekulationen, und auch Schäuble schließt einen solchen Schritt
nicht aus. Oder der aktuelle Fonds wird mit einer Banklizenz
ausgestattet. Er könnte dann aufgekaufte Staatsanleihen bei der EZB
als Sicherheit für frisches Geld hinterlegen. Mit der unlimitierten
Kreditlinie könnte er ständig neue Schuldtitel der Problemländer
erwerben. Der EFSF hätte also theoretisch eine unbegrenzte Summe für
Interventionen aller Art.

Die Idee, die Finanzkraft über einen Kredithebel («Leveraging») zu

stärken, hatte auch US-Finanzminister Timothy Geithner den Europäern
nahegelegt. Vorbild für die «Hebel-Idee» ist das Vorgehen des
US-Finanzministeriums und der US-Notenbank Fed während der
Finanzkrise 2008. Die Fed hatte ein Kreditprogramm mit einem Volumen
von 200 Milliarden Dollar aufgelegt, die das Finanzministerium mit 20
Milliarden Dollar garantierte - eine Verzehnfachung der Mittel.

Nach der Abfuhr Geithners in der Runde der Euro-Minister in
Breslau wegen neuer Konjunkturprogramme scheint man in Washington
zwar vorsichtiger mit Ratschlägen. Auf die Frage, wie denn die
Europäer ausreichend Mittel gegen das Debakel zusammenbekommen
sollen, sagte eine Top-Beamtin des Finanzministeriums aber, man könne
ruhig einen Blick Richtung USA wagen. Zu Krisenzeiten sei dort «die
Zusammenarbeit zwischen Finanzministerium und Notenbank extrem
wichtig gewesen». Dies könne auch für die Europäer «ein möglich
er Weg
nach vorne» sein.

Aber es gebe auch andere, hieß es vielsagend. Was wohl im Sinne
Schäubles ist: «Natürlich werden wir den EFSF in einer effizienten
Weise nutzen.» In anderen Euro-Ländern und in Brüssel steht man der
«Hebel-Idee», ob mit EZB oder ohne, nicht abgeneigt gegenüber.
EU-Währungskommissar Olli Rehn meinte, es sei «sehr wichtig, dass wir
die Ausweitung des EFSF mit Hilfe eines Hebels erörtern, um seine
Wirkung zu verstärken und ihn effektiver zu machen».

Mahnende Worte kommen von den Euro-Notenbankern - vor allem von
Bundesbank-Chef Jens Weidmann. Der Exberater der Kanzlerin warnt vor
einer verschleierten Staatsfinanzierung durch die EZB und nennt eine
Refinanzierung des EFSF über die Notenbank einen «gefährlichen Weg»
.
Auch sei zu bezweifeln, dass der EFSF eine Bankenlizenz bekommt: «Mir
leuchtet nämlich nicht ein», so kürzlich Weidmann, «inwiefern die
Finanzierung von Staaten ein Bankgeschäft sein soll.»

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