Tschechien: Mit Wohnsitz zum Führerschein Von Michael Heitmann, dpa

01.03.2012 15:29

Fahrschulen in Tschechien locken mit günstigen Preisen. Oder damit,
dass Kunden keinen «Idiotentest» brauchen. Die Politik sieht solchen
Führerschein-Tourismus mit Argwohn.

Prag (dpa) - Auf der Überholspur zum Führerschein: Der Wunsch nach
dem schnellen Lappen hat seit dem EU-Beitritt Tschechiens vor acht
Jahren tausende Deutsche in die Fahrschulen des Nachbarlandes
gelockt. Doch die Anforderungen werden immer höher. Wer einen
Führerschein erwerben will, muss seit 2005 auch einen tschechischen
Wohnsitz vorweisen.

Längst wissen findige Fahrschulen das geschickt zu umgehen. Im
Internet finden sich zahlreiche angeblich seriöse Angebote, die nach
einem kurzen Hotelaufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis versprechen.
Doch am Telefon möchte sich der Besitzer einer nordböhmischen
Fahrschule dazu nicht weiter äußern. Allein des Preises wegen komme
heute jedenfalls keiner mehr zum Beispiel aus Sachsen zur Fahrschule
nach Böhmen.

Dank offener Grenzen ist nicht immer zu klären, wo jemand
tatsächlich wohnt. «Wenn jemand versucht, die Wohnsitz-Anforderungen
zu umgehen, dann ist das sicherlich ein Problem und die Behörden
müssen dem nachgehen», sagt der Sprecher des Prager
Verkehrsministers, Martin Novak. Und Novak versichert, dass
Führerscheinsperren europaweit abgeglichen würden. «Wenn jemandem in

Berlin der Führerschein wegen eines Vergehens oder einer Straftat
abgenommen wurde, dann bekommt er auch bei uns keinen mehr.»

Hans Dieter Schwing, Firmenchef von «Scout-Logic» aus Karlsbad,
legt besonderen Wert darauf, alle Regularien einzuhalten. Seine
Kunden mieteten in Tschechien in der Regel eine Wohnung, beantragten
eine Aufenthaltsgenehmigung und würden erst nach 183 Tagen zur
Fahrprüfung gehen. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs,
Führerscheine müssten grundsätzlich in allen EU-Ländern gelten,
wertet Schwing als Bestätigung. «Wir sind entspannt», sagt er.

Rund 1500 Euro kostet das Führerschein-Paket bei ihm. Das ist
nicht unbedingt billiger als in Deutschland, doch viele Kunden zieht
es aus anderen Gründen ins Nachbarland. Sie haben ihre Fahrerlaubnis
verloren und müssten in Deutschland zur medizinisch-psychologischen
Untersuchung. Manche wollten sich dem nicht unterziehen, weil
mitunter sehr persönliche Fragen gestellt würden, sagt Schwing.

Die Führerschein-Karawane zieht unterdessen weiter. Schwing hat
seinen tschechischen vor kurzem gegen einen maltesischen Führerschein
umgetauscht. Die Zukunft sieht er weniger in Karlsbad, als vielmehr
auf der Mittelmeerinsel Malta. «Führerschein unter Palmen», schwärm
t
der international tätige Unternehmer.

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