Metzgerin Brenig: Pferdefleisch ja - aber ohne Etikettenschwindel Von Birgit Reichert, dpa

15.02.2013 09:38

Seit 140 Jahren verkauft die Trierer Metzgerei Brenig Pferdefleisch:
Vom Fohlen-Filet bis zum Pferde-Sauerbraten. Ein Nischengeschäft, das
seine festen Kunden hat. Die Aufregung um den europäischen
Pferdefleisch-Skandal kann Chefin Brenig gut verstehen.

Trier (dpa) - An den Fleischhaken hängen die Pferde-Salamis. In
der Auslage reihen sich Fohlen-Filets neben Fohlen-Rumpsteaks,
Pferde-Wiener neben Pferde-Rouladen. Und auf den Regalen stehen Dosen
mit Sauerbraten und Gulasch - natürlich aus dem Fleisch der Huftiere.
In der Metzgerei Brenig in Trier gibt's alles vom Pferd. «Wir haben
viele Stammkunden», sagt Carola Brenig (44), die den Betrieb mit
ihrem Bruder Marco Brenig in der fünften Generation führt. Die Kunden
kommen aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Luxemburg. Denn
Pferdemetzgereien sind eher selten. Bundesweit gibt es um die 100.

Die Aufregung um falsch deklariertes Pferdefleisch in
Fertiggerichten, das tonnenweise in den europäischen Handel kam,
könne sie gut verstehen, sagt Brenig. «Der Betrug liegt darin, dass
man die Leute fehlinformiert hat. Hätte man die Produkte gleich
richtig als Pferde-Lasagne verkauft, wäre das ja kein Problem
gewesen.» In mehreren EU-Ländern sind Fertiggerichte aufgetaucht, in
denen Pferdefleisch statt des angegebenen Rindfleischs verarbeitet
worden war. Der Lebensmittelbetrug hat auch Deutschland erreicht.
Tausende Lasagne-Packungen wurden aus den Supermarkt-Regalen
genommen. Und: Noch ist das ganze Ausmaß des Skandals unklar.

Pferd biete hochwertiges, fettarmes und nährstoffreiches Fleisch,
sagt Brenig. In Deutschland sei der Markt dafür eine Nische: «Aber
eine, die sich gut hält», betont die Fleischereifachverkäuferin und
zeigt auf das rote, feste Fleisch, das sie meist gleich kiloweise
verkauft. Gut gingen auch ganze Fleischwurstringe und Sauerbraten in
Dosen. «Die schicke ich sogar regelmäßig einem Kunden in den
Schwarzwald.» In Frankreich, Belgien, der Schweiz und Italien sei
Pferdefleisch noch gängiger. «In Italien gibt es sogar Kindernahrung
mit Pferdefleisch», sagt Brenig. Briten und Iren aber gilt der
Verzehr von Fleisch dieser Tiere als gesellschaftliches Tabu.

Der Pferdefleisch-Skandal habe auch eine gute Seite, meint ein
Kunde in der Trierer Pferdemetzgerei. Er bewirke ein Umdenken beim
Verbraucher: «Man setzt mehr auf regionale Produkte, bei denen man
weiß, was drin ist und woher sie kommen», sagt Kunde Georg Weege. Bei
Metzger Brenig eine klare Sache: Die etwa zwölf Pferde, die jeden
Monat verarbeitet werden, sind ausschließlich «Freizeitpferde» aus
der Region Trier und Luxemburg. Aus verschiedenen Gründen können sie
nicht mehr geritten werden. Produziert werde lokal, wenige Meter
entfernt vom Laden, sagt Brenig. Die Pferdemetzgerei, die es seit
1873 gibt, sei die älteste Metzgerei in Trier.

Fast schon irre sind dagegen die Wege, die das Pferdefleisch von
Rumänien und Großbritannien über Frankreich und Luxemburg in den
europäischen Handel genommen hat. Tausende Kilometer legten die
gefrorenen Fleischblöcke zurück, bevor sie - heimlich als angebliches
Rindfleisch verarbeitet - zu Lasagnen und anderen Fertigprodukten
wurden. Frankreichs Verbraucherschutzminister Benoît Hamon ist
überzeugt, dass es der französische Lebensmittelhändler Spanghero
war, der die Umetikettierung vorgenommen hatte: Er habe wissentlich
als Rind gekennzeichnetes Pferdefleisch vertrieben.

«Ich glaube, dass das Pferdefleisch in Rumänien einfach billiger
war als Rindfleisch», sagt Metzgerin Brenig. Letztlich drehe sich bei
den großen Handelsgeschäften doch alles ums Geld. Kunde Jens Kwass,
der aus Recklinghausen in Trier zu Besuch ist, meint: «Es gibt eine
Doppelmoral: Einerseits wollen die Kunden, dass die Tiere artgerecht
gehalten werden. Andererseits wollen sie aber billiges Fleisch.» Der
Handel mit Pferdefleisch soll mehrere Monate gedauert haben - und
angeblich 750 Tonnen Fleisch umfassen.

Der Skandal hat auf Brenigs Geschäft bislang keine Auswirkungen
gehabt. «Es geht ja auch nicht um Pferdefleisch an sich, sondern um
den Etikettenschwindel.» Wer Pferdewürste und -braten möge, der komme

eben wieder. Pferdefleisch sei in Deutschland «ein bisschen teurer
als Schwein, aber billiger als Rind». Medikamentenrückstände in ihrem

Fleisch könne es nicht geben. Jedes Pferd werde vor der Schlachtung
genau untersucht - und müsse auch einen Gesundheitspass vorlegen. Wie
das Fleisch eigentlich schmeckt? «Sehr zart, fast ein bisschen
süßlich», sagt der Kunde Weege.

Zu Brenigs Kunden gehören neuerdings auch immer mehr
Hundebesitzer: Viele Hunde litten an Allergien und Krankheiten - und
könnten anderes Fleisch nicht fressen. Für sie hat Brenig reichlich
Beinfleisch im Angebot.

Dass manche Leute Fleisch vom Pferd ekelig finden, versteht die
44-Jährige nicht. «Ich finde Pferde nicht niedlich.» Für sie sei da
s
Wichtigste, dass die Tiere artgerecht behandelt würden und nicht aus
Massentierhaltung stammten. Und Kunde Weege fügt hinzu: «Eine Kuh
kann einem genauso lieb in die Augen schauen wie ein Pferd.» Eine
Einschränkung hat Brenig aber doch: «Ich könnte nie mein eigenes Tier

essen - egal, ob es ein Pferd, eine Kuh oder ein Esel ist.»