EU-Beauftragter: Kleine Firmen müssen internationaler werden Von Annika Graf, dpa

16.11.2013 09:15

Paradox: Die EU will die Handelsüberschüsse Deutschlands unter die
Lupe nehmen. Dabei dient die Exportstärke deutscher Firmen EU-weit
als Vorbild. Vor allem für kleinere und mittelgroße Firmen, sagt der
Mittelstandsbeauftragte der EU.

Stuttgart (dpa) - Die Exportstrategie deutscher Firmen könnte nach
Auffassung der EU anderen Ländern als Beispiel dienen. Es sei
wichtig, dass vor allem kleinere und mittelgroße Firmen in Europa
Teil der weltweiten Wertschöpfungskette würden, sagte der
Mittelstandsbeauftragte der Europäischen Kommission, Daniel
Calleja-Crespo, der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.
«Deutschland ist sehr erfolgreich in seiner
Internationalisierungspolitik.»

Doch Deutschland droht paradoxerweise gerade seine Exportstärke
zum Verhängnis zu werden. Die EU-Kommission will bis zum Frühjahr
ermitteln, ob der Außenhandelsüberschuss ein wirtschaftliches
Ungleichgewicht und damit ein Problem für die ganze Eurozone
darstellt. Dabei geht es nicht darum, die Exporte einzuschränken,
sondern vielmehr Importe aus anderen EU-Ländern anzukurbeln.

«Wir wollen, dass die anderen Länder mehr exportieren und sich
international ausrichten, um mehr Jobs und Wachstum zu schaffen»,
betonte Calleja-Crespo. Nur eines von vier Unternehmen in der
EU nutze internationale Märkte, nur eines von acht pflege
Geschäftsbeziehungen außerhalb der EU.

Die Möglichkeiten seien vielfältig: «Man kann exportieren, aber
man kann sich auch an Joint-Ventures oder an verschiedenen
Partnerschaften beteiligen.» Außerdem wolle die EU in ihrem für 2014

geplanten, 70 Milliarden Euro schweren Rahmenprogramm Investitionen
in die Forschung erleichtern.

In der Wirtschaft hatte die Kritik an Deutschlands Exporten für
Stirnrunzeln gesorgt: «Die EU ist gut beraten, wenn sie das als
Stärke akzeptiert», sagte der Mittelstandsbeauftragte in
Baden-Württemberg, Peter Hofelich.

Der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft,
Marion Ohoven, glaubt, dass eines der deutschen Erfolgsrezepte die
gewachsenen Schwerpunkt-Industrien (Cluster) sind - beispielsweise
bei den Autozulieferern. Sie seien Pfeiler einer erfolgreichen
Internationalisierung. Viele Länder hätten sich aber auf den Finanz-
und Dienstleistungssektor konzentriert und ihre industrielle Basis
vernachlässigt.

Allein in Bundesländern wie Baden-Württemberg liege der Anteil der
Industrie am Bruttoinlandsprodukt bei 30 Prozent, in Europa bei 15
Prozent, lobte Calleja-Crepos: «Wir müssen Europa
reindustrialisieren.» Denn auf jeden Job in der Industrie kämen zwei
bis drei Stellen im Dienstleistungssektor.