Vor Euro-Einführung nur wenig Begeisterung in Lettland Von Alexander Welscher, dpa

29.12.2013 10:00

In Lettland laufen die letzten Vorbereitungen für die Euro-Einführung
auf Hochtouren. Das baltische Land scheint gerüstet. Doch die
Bevölkerung sieht dem Abschied des heimischen Lats mit Wehmut
entgegen.

Riga (dpa) - Mit einem großen Feuerwerk in der Silvesternacht wird
Lettland zum Jahreswechsel als 18. Land der Eurozone beitreten. Die
europäische Gemeinschaftswährung löst den heimischen Lats ab. Damit
sich die gut zwei Millionen Bürger an die neue Währung gewöhnen
können, hat die Regierung im Dezember 800 000 «Starter-Kits» -
Plastiktütchen mit je 45 Euromünzen im Wert von 14,32 Euro - in
Umlauf gebracht. Anders als bei der in Rekordzeit vergriffenen
letzten Sonderprägung des Lats bildeten sich aber nur vereinzelt
Schlangen vor den Bankschaltern, um die neue Währung in Empfang zu
nehmen - die Euro-Begeisterung der Bevölkerung hält sich deutlich in
Grenzen.

Umso größer ist sie bei der Regierung des baltischen Landes. «Die

Einführung des Euro wird positiv für Lettland sein, sie wird einen
Beitrag für die Wirtschaft und das Wohlergehen der Menschen leisten»,
beschreibt Noch-Ministerpräsident Valdis Dombrovskis die Vorteile des
Beitritts zur Eurozone. Für Zentralbank-Chef Ilmars Rimsevics
bedeutet der Euro die vollwertige Teilnahme an der Wirtschafts- und
Währungsunion und die «tiefgreifende und unwiderrufliche Integration
Lettlands in Europa - nicht nur wirtschaftlich, sondern auch
politisch».

Auch aus Brüssel wird die Euro-Einführung in Lettland als
«historischer Moment» begrüßt. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem

betonte im Oktober bei einem Besuch in Riga, sie verstärke die
Beziehungen zwischen dem kleinen Baltenstaat und der Eurozone zu
einem Zeitpunkt der schrittweisen Erholung der Eurozone nach der
Wirtschaftskrise.

Auch Lettland war nicht von der Krise verschont worden. Zwischen
2008 und 2010 brach die Wirtschaftsleistung um gut 20 Prozent ein.
Die Baltenrepublik konnte nur durch Hilfskredite der EU und des
Internationalen Währungsfonds (IWF) vor dem Staatsbankrott gerettet
werden. Heute sind Haushalt und Wirtschaft nach einem radikalen Spar-
und Reformprogramm wieder auf Kurs. Lettland erfüllt souverän die
Beitrittsbedingungen und ist das wachstumsstärkste Land in der EU,
leidet aber unter hoher Abwanderung.

«Der Euro kann und muss kommen», sagt Maren Diale-Schellschmidt,
Geschäftsführerin der Deutsch-Baltischen Handelskammer (AHK).
Deutsche Unternehmen in Lettland erwarten bessere Standortbedingungen
und praktische Vorteile für ihre Geschäftstätigkeit. Dafür spräch
en
die positiven Erfahrungen deutscher Investoren nach dem Euro-Beitritt
Estlands 2011. Auch lettische Unternehmen sind überwiegend für den
Euro.

Mit dem Versprechen «Euro. Lettland wächst» versucht die
Regierung, in Fernsehspots und Anzeigen der Bevölkerung die
Gemeinschaftswährung schmackhaft zu machen. Doch die Letten bleiben
skeptisch gegenüber dem Währungswechsel - sie befürchten vor allem
steigende Preise und einen Identitätsverlust durch die Aufgabe des
Lats. In Umfragen des lettischen Meinungsforschungsinstituts SKDS
waren bis zuletzt die Hälfte der Befragten gegen den Euro, beim
jüngsten Eurobarometer hatten die Befürworter leicht die Nase vorn.

In der Schlussphase der Währungsumstellung trat Ende November
Regierungschef Dombrovskis mit seinem Kabinett zurück, um die
politische Verantwortung für den Einsturz eines Supermarktes in Riga
mit 54 Toten zu übernehmen. Seitdem steht die Ostseerepublik ohne
Regierung da - und wird es wohl auch bis zum neuen Jahr bleiben.
Geschäftsführend amtiert die alte Ministerriege weiter.

Den Währungswechsel beeinflusst dies bislang kaum. Die
EU-Kommission bescheinigte Lettland im Dezember, mit den
Vorbereitungen «insgesamt weit fortgeschritten» zu sein. «Ich bin
zuversichtlich, dass der Prozess der Euro-Einführung auch in Lettland
unter voller Kontrolle und ein Erfolg sein wird», meint
Staatspräsident Andris Berzins.

Mit dem Beitritt Lettlands bekommt der Euro mit dem
Trachtenmädchen und den lettischen Staatswappen nicht nur neue
Münzmotive, sondern auch eine neue Bezeichnung. Weil der lettischen
Sprache der Doppellaut «eu» fremd ist, nennen die Letten ihre neue
Währung «Eiro». In Rechtstexten muss die Schreibweise aber «Euro»

lauten.