(dpa-Umfrage - 1130) Nach EZB-Zinssenkung: Banken senken Dispo-Zinsen - aber nur leicht (Foto - Archiv)
14.06.2014 11:30
Banken bekommen das Geld von der EZB quasi zum Nulltarif. Erste
Institute senken nun die Dispo-Zinsen - aber nur sehr leicht.
Bankkunden, die ihr Konto überziehen, müssen weiter oft saftige
Gebühren zahlen.
Frankfurt/Main (dpa) - Mehrere Banken in Deutschland senken ihre
Dispo-Zinsen fürs Konto-Überziehen - allerdings nur sehr geringfügig.
Sie reagieren damit auf die Leitzinssenkung der Europäischen
Zentralbank (EZB). Das berichtet die «Bild»-Zeitung (Samstag) nach
einer Umfrage unter mehr als zehn Geldhäusern. Die EZB hatte am 5.
Juni den Leitzins nochmals von 0,25 Prozent auf 0,15 Prozent gesenkt.
Zu diesem Zins können sich Banken bei der Notenbank Geld leihen.
Laut Bericht wollen die Deutsche Bank und die Berliner Bank
zum 16. Juni ihre Dispo-Konditionen um jeweils 0,1 Prozent auf
maximal 11,8 Prozent je nach Kontotyp kürzen. Bei der Norisbank sinkt
der Dispo-Zinssatz von derzeit 11,25 auf 11,15 Prozent. Bei der
Postbank gelten für das Konto «GiroPlus» künftig 11,95 statt
12,05 Prozent, für das «GiroExtraplus» 9,3 statt 9,4 Prozent.
Die Commerzbank senkt demnach für Neukunden die Dispo-Zinsen ab dem
26. Juni um 0,5 Prozent auf 11,4 Prozent. Die Targobank will zum 1.
Juli ihren Zinssatz ändern, die Höhe steht noch nicht fest.
Nach dem EZB-Schritt hatten Verbraucherschützer und Politiker die
Banken aufgefordert, die Gebühren fürs Konto-Überziehen zu senken.
Die Grünen hatten ihre Forderung nach gesetzlichen Obergrenzen für
Dispozinsen erneuert. Verbraucherschützer kämpfen seit Jahren gegen
teils zweistellige Dispozinsen.
«Wir haben viel zu hohe Dispozinsen im Vergleich zum sonstigen
Zinsumfeld», kritisierte Verbraucherschützerin Dorothea Mohn in einer
Umfrage der Nachrichtenagentur dpa. «Die niedrigen Zinsen müssen an
die Kunden weitergegeben werden», betonte die Geldanlageexpertin des
Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv). Falls das nicht
funktioniere, müsse beim Dispozins die Politik aktiv werden. «Wir
fordern einen Zinsdeckel. Vorstellbar wäre ein Wert von sieben
Prozent auf Grundlage des Referenzzinses Euribor.»
Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon verwies darauf, dass die
Dispozinsen seit dem Jahr 2008 im Schnitt um rund drei Prozentpunkte
gesunken seien. «Auch wenn der Leitzins nicht der entscheidende
Faktor bei Dispozinsen ist, zeigt das, dass die Kreditwirtschaft auf
die Rahmenbedingungen reagiert», erklärte der oberste Repräsentant
des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). «Der Dispo ist
das Taxi unter den Krediten und nur für kurze Überbrückung gedacht.
Die große Flexibilität schlägt sich auch in den Konditionen nieder.
»
Ähnlich argumentierte Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des
Bundesverbandes deutscher Banken (BdB). Seit 2010 sähen die Klauseln
der Banken vor, dass Zinserhöhungen und Zinssenkungen entsprechend
der Entwicklung der vereinbarten Referenzzinssätze an die Kunden
weitergegeben würden. Dispokredite sollten generell «immer nur
kurzfristige finanzielle Engpässe überbrücken helfen, dann aber
schnell und flexibel. Das hat seinen Preis», erklärte Kemmer. «Wer
längerfristig Kredit braucht, sollte in Ratenkredite umschulden, die
wesentlich günstiger zu bekommen sind.»
Der Bundesverband der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken
(BVR), derzeit zugleich Sprachrohr der Deutschen Kreditwirtschaft,
erklärte, Kunden hätten in Sachen Kontoführung und Dispokonditionen
«die Möglichkeit, unter einer Vielzahl von Angeboten zu wählen».
Genau diese Flexibilität sieht Verbraucherschützerin Mohn nicht. Beim
Thema Dispo funktioniere der Wettbewerb nicht: «Die Banken machen
sich dabei auch zunutze, dass man ein Konto nicht so einfach wechseln
kann wie den Telefonanbieter oder den Energieversorger.»
Max Herbst von der unabhängigen Frankfurter Finanzberatung FMH, der
regelmäßig die Konditionen von Banken vergleicht, sagte der dpa, nach
seiner Beobachtung hätten etliche Institute die Leitzinssenkung zum
Anlass genommen, ihre Anlagezinsen zu verringern: «Die EZB hat dafür
die Steilvorlage gegeben. Die Institute argumentieren: Die EZB senkt,
dann senken wird auch», sagt Herbst. Europas größte Direktbank
ING-Diba erklärte, bei hren Sparzinsen gebe es keine Kopplung an den
EZB-Zins: Die Konditionen für Sparprodukte blieben «bis auf Weiteres
unverändert».
Zu dem beschlossenen Antikrisenpaket der EZB zählen billiges Geld,
neue Notkredite und Strafzinsen für Banken, die ihr Geld bei der
Zentralbank parken. Damit soll das Wachstum in der Eurozone
angekurbelt und ein drohender Preisverfall verhindert werden.