Donald Tusk: Ein Kaschube mit engem Draht zur Kanzlerin Von Eva Krafczyk, dpa
31.08.2014 13:45
Schon als Schüler engagiert er sich für die Demokratiebewegung in
Polen, seit einem Vierteljahrhundert mischt er in der polnischen
Politik mit. Der Mann aus dem Osten bringt neue Erfahrungen nach
Brüssel.
Warschau (dpa) - Angriffslust und Führungsqualitäten bewies Donald
Tusk (57) schon als Sejm-Abgeordneter und Parlamentspräsident. Der
große Blonde aus Danzig war Stürmer und Kapitän der Fußballmannscha
ft
des polnischen Parlaments. Seit 2007 ist Tusk Regierungschef des
EU-Landes.
Auf der Siegerseite des Lebens stand Tusk nicht immer. Sein Vater
starb, als Donald noch Schüler war. Die blutige Niederschlagung des
Werftarbeiter-Streiks in seiner Heimatstadt Danzig im Dezember 1970
mit Dutzenden Toten prägte den damals 13-Jährigen tief. Schon als
Schüler schloss er sich der Opposition zum sozialistischen Regime an,
verteilte Flugblätter. Im Geschichtsstudium arbeitete er auf
Baustellen. Während des Kriegsrechts Anfang der 80er Jahre war der
junge Familienvater im Untergrund für die verbotene Gewerkschaft
«Solidarnosc» aktiv.
Ehefrau Malgorzata, mit der Tusk seit Studententagen verheiratet ist,
sah dieses Engagement mit gemischten Gefühlen. «Politik war schon
immer seine Leidenschaft - und mit Leidenschaft kann man nicht
konkurrieren», resümierte sie mit leicht bitterem Unterton in ihrer
im vergangenen Herbst erschienenen Autobiographie. Bis heute meidet
sie die politische Szene nach Möglichkeit, während Tusk gerade dann
aufblüht, wenn er bei der Opposition und innerparteilichen Gegnern
unter Beschuss steht.
Nach der Wende in Polen wirkte Tusk zunächst in der linksliberalen
Freiheitsunion, gründete dann aber 2001 die liberalkonservative
«Bürgerplattform», deren Vorsitzender er bis heute ist. Groß
gewachsen, sportlich und mit blonder Lockenmähne ragte er in den
Jahren nach dem Ende des Kommunismus buchstäblich unter den anderen
Politikern hervor. Inzwischen ist die Haarfülle und -länge etwas
zurück gegangen, aber sportlich-drahtig ist Tusk immer noch.
Der europäische Gedanke wurde Tusk in die Wiege gelegt. Als Kaschube
versteht er das Bewusstsein regionaler Identität. Als Danziger wuchs
er auf in einer Stadt, die das ganze Spannungsfeld deutsch-polnischer
Nachbarschaft durchlebt hat - im Guten wie im Schlechten. Bis heute
pflegt er seine kaschubischen Wurzeln, und auch nach all den
politischen Jahren in Warschau ist sein privater Wohnort die kleine
Küstenstadt Sopot bei Danzig geblieben.
Auch als Großvater ist der aktive Sportler Tusk bis heute stolz auf
seine Fitness. Als größter Stolperstein für eine europäische Karrie
re
Tusks galt bisher sein bescheidenes Englisch. «Ich werde mein
Englisch polieren», versprach der Pole daher am Samstag abend in
Brüssel. Der bei seinen Auftritten mitunter spröde wirkende Politiker
spricht allerdings fließend Deutsch und pflegt ein gutes Verhältnis
zur Bundeskanzlerin: «Ich bin nicht in der Lage, wütend auf Angela
Merkel zu sein», sagte er einmal. Für die Kanzlerin ist Tusk der
vielleicht wichtigste Vertraute in Europa.
# Notizblock
## Internet
- [Twitteraccount Tusks](http://dpaq.de/C9H0M)
## Orte
- [Wohnort Tusks](Sopot, Region Pommern, Polen, Polen)
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