Stresstest-ABC

26.10.2014 14:31

Frankfurt/Main (dpa) - Von AQR und Comprehensive Assessment - ein
ABC, was bei den groß angelegten Bankentests in Europa wichtig war:

A wie Asset Quality Review (AQR): Der erste Teil der Bankentests. Bei
diesem Bilanzcheck hatten sich die Aufseher vorgenommen, mindestens
160 000 Kreditakten in die Hand zu nehmen und Risikopapiere im
Volumen von 3,72 Billionen Euro unter die Lupe zu nehmen.

B wie Bankenunion: Die führenden Banken in den 18 Euro-Staaten werden
ab November gemeinsam überwacht. Ab 2016 greifen zudem gemeinsame
Regeln zur Sanierung und - im Notfall - Schließung von Banken.

C wie Comprehensive Assessment: Die aktuellen Bankentests verknüpfen
einen Krisentest (Stresstest) mit einem direkten Blick in die Bücher
der Banken, das ist neu.

D wie Durchfaller: Das Wort nehmen Aufseher und Banker ungern in den
Mund. Faktisch gilt: Institute, die am Ende nicht die gefordert
Kapitalquote von acht Prozent vorweisen, haben die Anforderungen der
Tests nicht erfüllt und müssen Kapitallöcher stopfen.

E wie EZB: Die Notenbank ist eigentlich für die Zinsen im Euroraum
zuständig. Weil in der Kürze der Zeit keine neue Behörde aufgebaut
werden konnte, übertrugen Europas Politiker der Europäischen
Zentralbank zusätzlich die Aufgabe der zentralen Bankenaufsicht.

F wie Finanzkrise: Die Krise der Jahre 2007/2008 brachte die
Finanzwelt an den Rand des Kollaps. Die Rettung maroder Banken
kostete die Steuerzahler Milliarden. Das soll sich nach dem Willen
der EU-Politiker nicht wiederholen. Daher die harten Tests und eine
strengere Aufsicht vor allem über grenzüberschreitend tätige Banken.


G wie Großbank: Manche Banken sind so groß, dass ihr Kollaps das
weltweite Finanzsystem in Schieflage bringen könnte. Diese
sogenannten systemrelevanten Banken wird die EZB künftig direkt
überwachen, darunter die Deutsche Bank.

H wie Heimatmarkt: Bisher waren die Aufseher in den Ländern
zuständig, in denen Banken ihre Zentrale haben. Allein der Blick auf
den Heimatmarkt ist jedoch zu wenig. Grenzüberschreitend tätige
Banken sollen künftig von Aufsehern aus mehreren Ländern überwacht
werden.

I wie Immobilien: Unter ihrer laxen Vergabe von Krediten für
Bauherren und Wohnungskäufer haben vielen Banken noch heute zu
knabbern. Unter anderem deshalb schauen die Prüfer bei den Tests auch
darauf, ob Institute auch dann überlebensfähig sind, wenn die
Immobilienpreise abstürzen.

J wie Joint Supervisory Teams: Für die Beaufsichtigung der 120
führenden Banken im Euroraum werden Teams aus EZB-Mitarbeitern und
Aufsehern aus den nationalen Behörden gebildet. Für große Banken,
deren Kollaps das ganze System gefährden könnte, können solche
Aufsichtsgremien 50 bis 70 Experten umfassen.

K wie Kapitalquote: Banken sollen Risiken durch mehr eigenes Kapital
absichern. Dazu zählen Gelder, die im Verlustfall uneingeschränkt zur
Verfügung stehen wie Stammkapital der Eigentümer, eigene Aktien und
einbehaltene Gewinne. Bei den Tests wird eine Quote von acht Prozent
hartem Kernkapital verlangt. 100 Euro in Risikopositionen muss eine
Bank also mit mindestens 8 Euro eigenem Geld abdecken.

L wie Leverage Ratio: Auch diese Verschuldungsobergrenze soll Banken
sicherer machen. Dabei sollen die Geschäfte einer Bank unabhängig vom
Risikogehalt pauschal ins Verhältnis zum Eigenkapital gesetzt werden.

M wie Millionenkosten: Der Aufwand für die monatelangen Checks ist
gewaltig. 2000 Aufseher und Wirtschaftsprüfer waren allein in
Deutschland mit der Überprüfung der Banken beschäftigt, europaweit
waren es 6000. Dazu kommen zahllose Mitarbeiter bei den einzelnen
Instituten. Viele Banken berichten von Kosten im zweistelligen
Millionenbereich.

N wie Nouy: Die Französin Danièle Nouy leitet die neue europäische
Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB. Die 64-Jährige war zuvor
Chefin der französischen Bankenaufsicht.

O wie Oliver Wyman: Für die Konzeption und Durchführung der
Bankentests hatte die EZB das US-Beratungsunternehmen Oliver Wyman
angeheuert, das im Jahr 2012 einen Stresstest für die spanischen
Banken durchführte.

P wie Puffer: Eigenkapital gilt als Puffer für Krisenzeiten. Seit den
Erfahrungen der Finanzkrise fordern Aufseher dickere Polster.

Q wie Quote: Mancher Beobachter meint, die Tests seien nur
glaubwürdig, wenn es eine bestimmte Quote von Durchfallern unter den
130 von der EZB untersuchten Instituten gebe.

R wie Rettungsfonds: In vielen Ländern gibt es Notfallprogramme für
den Fall, dass Banken frisches Geld brauchen, es aber bei Investoren
nicht bekommen. Umstritten ist, ob in letzter Konsequenz auch Gelder
aus dem europäischen Schutzschirm ESM genutzt werden können.

S wie Stresstest: Der Krisentest soll zeigen, ob Banken auch unter
widrigen Umständen ausreichend Kapital haben, um ihr Geschäft
fortzuführen. Auf Verbraucher übertragen könnte der Test so aussehen:

Reichen Einnahmen, Ersparnisse oder Versicherungsschutz auch dann,
wenn Auto und Waschmaschine gleichzeitig kaputtgehen, der Arbeitgeber
pleitegeht und man erst im nächsten Jahr einen neuen Job findet?

T wie Transparenz: Die gewaltige Datensammlung soll auch für mehr
Transparenz sorgen: Welche Altlasten schlummern noch in den
Bankbilanzen, wo sind die Risiken, wie groß ist der Kapitalbedarf?

U wie Unabhängigkeit: Kritiker meinen, es vertrage sich nicht, dass
die EZB gleichzeitig für die Zinsen im Euroraum zuständig ist - von
denen Banken abhängen - und die Banken überwacht. Sie finden,
Geldpolitik und Bankenaufsicht sollten deutlicher getrennt werden.

V wie Vertrauen: Das ist das große Ziel der Aufseher. Investoren und
Kunden sollen wieder Vertrauen in Europas Banken schöpfen.

W wie Wackelkandidaten: Viele Banken haben vorgesorgt, bei manchen
könnte es im Test jedoch eng werden. Wackelkandidaten gibt es etwa in
Griechenland, Italien, Portugal. Größtes Sorgenkind unter den
deutschen Instituten im Test ist die HSH Nordbank.

X wie x-Mal: Stresstests gehören seit Jahren zum Instrumentenkasten
von Bankenaufsehern weltweit. Europas Erfahrungen sind durchwachsen.
Kenner finden, die USA hätten es 2009 mit ihrem ersten Test besser
gemacht: Sie zwangen 10 von 19 Häuser, ihre Kapitaldecke zu stärken.

Y wie Yellow: Die EZB entwickelte ein Ampelsystem für die Rückmeldung
an die Banken über die Güte der gemeldeten Daten. Gelb (englisch:
«yellow» - bei Ampeln streng genommen und so auch in der
EZB-Terminologie: «amber») signalisierte Klärungsbedarf.

Z wie Zeitplan: Gerade mal etwa ein Jahr hatte die EZB, um die neue
Mammutbehörde für die Bankenaufsicht mit etwa 1000 Mitarbeitern
aufzubauen. Parallel lief die aufwendigste Überprüfung, der sich die
Banken im Euroraum bislang stellen mussten.