20. Jahre Ebay: Ein Neustart als Geburtstagsgeschenk Von Andrej Sokolow, dpa
02.09.2015 16:01
Mit dem Alter von 20 Jahren gehört Ebay zu den Pionieren des
Online-Geschäfts. Der Konzern durchlebte einige Höhen und Tiefen und
versucht jetzt einen Neuanfang ohne den Bezahldienst Paypal - der
zuletzt ein zentraler Wachstumstreiber war.
San Jose (dpa) - Die Geschichte von Ebay begann mit einem kaputten
Laser-Pointer. Das war der Artikel, der am 3. September auf der
Website AuctionWeb vom damals 28-jährigen Gründer Pierre Omidyar
eingestellt wurde. Einige Tage später gab es den ersten Zuschlag für
14,83 Dollar. Der verdutzte Omidyar fragte den Bieter zur Sicherheit,
ob ihm bewusst sei, dass er gerade ein defektes Gerät ersteigert
habe. Aber alles passte: Der Käufer war ein Sammler kaputter
Laser-Pointer.
Das Wachstum der Plattform wurde damals von der moderaten Verbreitung
von Computern bestimmt: Im gesamten Jahr 1995 wurden weltweit gerade
einmal 60 Millionen PCs verkauft. Omidyar konnte das Geschäft
zunächst praktisch im Alleingang betreiben, erst 1996 brauchte er den
ersten Mitarbeiter, der sich um die Bearbeitung der Auktionsgebühren
kümmerte. Chris Agarpao arbeitet heute noch bei dem Unternehmen.
Den Namen Ebay bekam die Firma 1997 erst nach zwei Jahren. Zu diesem
Zeitpunkt wurde auch erst das Bewertungssystem für Käufer und
Verkäufer eingeführt. Damals liefen auf der Plattform rund 200 000
Auktionen im Monat und der millionste Artikel wurde verkauft, eine
Spielzeug-Figur aus der Sesamstraße. Heute sind zu jeder Zeit rund
800 Millionen Angebote auf dem Marktplatz.
1998 war ein Schlüsseljahr in der Ebay-Geschichte. Im September ging
das Unternehmen an die Börse. Bei einem Ausgabepreis von 18 Dollar
schoss die Aktie am ersten Tag auf über 47 Dollar hoch. Omidyar wurde
auf einen Schlag zum Milliardär, die ganze Firma war 1,9 Milliarden
Dollar wert. Im Halbjahr vor dem Börsengang hatte Ebay gerade einmal
348 000 Dollar verdient, bei einem Umsatz von 14,9 Millionen Dollar.
Einige inzwischen vergessene E-Commerce-Rivalen wie Onstar galten
manchem Analysten als das bessere Geschäft. Omidyar konzentriert sich
inzwischen auf auf die Rolle als Mäzen und finanziert unter anderem
die Website «The Intercept», die mit Unterlagen des Informanten
Edward Snowden weiter den NSA-Skandal aufarbeitet.
In Deutschland legte Ebay nebenbei den Grundstein für den Reichtum
der Samwer-Brüder: Der US-Konzern kaufte ihnen 1999 für über 50
Millionen Dollar den rund ein halbes Jahr zuvor gegründeten Ebay-Klon
Alando ab. Die Deutschen hatten Ebay in Kalifornien entdeckt und die
Idee schneller als das Original in Deutschland umgesetzt. Ebay
erreichte da die Marke von zehn Millionen registrierten Mitgliedern
weltweit. Heute sind es 157 Millionen aktive Käufer.
Doch die Stimmung bei Investoren und Analysten zum 20. Geburtstag ist
nicht gerade euphorisch. Im bisherigen Ebay-Konzern sorgte zuletzt
vor allem der Bezahldienst Paypal für Wachstum - und der wurde im
Juli nach 13 Jahren unter einem Dach wieder zu einem eigenständigen
Unternehmen.
Seit der Aufspaltung muss Ebay sich dem brutalen Wettbewerb im
Online-Handelsgeschäft ohne den Cash-Zufluss und das Wachstum aus dem
profitablen Paypal-Geschäft behaupten. Die Gewinne von PayPal
erwiesen sich schon einmal als große Hilfe, als der milliardenschwere
Zukauf des Kommunikationsdienstes Skype Löcher in die Bilanz schlug.
«Ebay ist jetzt in einer viel schlechteren Position als Paypal»,
warnte etwa Branchenanalyst Scot Wingo in der Zeitung «San Jose
Mercury News».
Ebay-Deutschlandchef Stephan Zoll sieht die Trennung dagegen als
Chance: «Es ermöglicht uns eine klare Fokussierung auf die weitere
Entwicklung unseres Marktplatz-Geschäfts.» Analysten verweisen
darauf, dass in den vergangenen Jahren freie Mittel oft vorrangig in
den Ausbau von Paypal statt der Ebay-Marktplätze gesteckt wurden.
«Für die Kunden ändert sich nichts», betont Zoll mit Blick auf den
Neuanfang ohne Paypal.
Ebay arbeitet schon seit Jahren daran, sein Geschäft als
Handelsplattform über die bekannten Online-Auktionen hinaus
auszubauen. Der neue Ebay-Chef Devin Wenig, der die Führung nach der
Aufspaltung übernahm, bekräftigte das Interesse am der Zusammenarbeit
mit kleineren und mittleren stationären Händlern, die auch das
Internet erschließen wollen. Zugleich wurde das Unternehmensgeschäft,
das Online-Shops für den Einzelhandel entwickelt, vor der Trennung
mit Verlust an Investoren verkauft. Das gehört zum strikteren Fokus
auf das Kerngeschäft. Seine Stärke sieht Ebay in der Vielfalt des
Angebots aus neuen und gebrauchten Artikeln.
In Europa muss sich Ebay künftig eventuell mit geänderten
Steuervorschriften abfinden. Wie andere US-Konzerne wie Apple, Amazon
und Starbucks nahm Ebay die Einladung der Steuerbehörden in Luxemburg
an, zu äußerst günstigen Steuersätzen geschäftlich aktiv zu sein.
Die
EU hat sich nun vorgenommen, diese Steuerschlupflöcher zu schließen.