Taschendiebstahl-Banden vor Gericht - Hintermänner festgenommen
23.03.2016 06:00
Taschendiebstähle haben in Berlin in den vergangenen Jahren massiv
zugenommen. Die Banden kommen aus Osteuropa und schicken Kinder und
Jugendliche zum Stehlen nach Deutschland. Die Hintermänner agieren
aus der Ferne. Nun konnten Fahnder viele von ihnen fassen.
Berlin (dpa/bb) - Der Berliner Polizei und der Staatsanwaltschaft ist
ein Schlag gegen den organisierten Taschendiebstahl gelungen. In der
Hauptstadt steht daher ein großer Prozess gegen die Hintermänner der
Banden bevor. Nach Informationen des Senders RBB ermittelt die
Staatsanwaltschaft schon länger gegen eine rumänische Bande. Die
Drahtzieher sollen ab Sommer oder Herbst vor Gericht kommen. Dabei
soll es sich um das aktuell größte Verfahren gegen den organisierten
Taschendiebstahl in Europa handeln.
Laut RBB geht es um 79 Taschendiebe aus der ostrumänischen Stadt
Iasi, die zur Volksgruppe der Roma gehören. Neu in dem Prozess ist,
dass die Staatsanwaltschaft für organisierte Kriminalität sich mit
dem Thema befasst und dass es den Ermittlern gelang, an die
Hintermänner zu kommen, die die Banden der oft minderjährigen
Taschendiebe in ganz Europa steuern. Sieben Männer und Frauen werden
in Berlin angeklagt, von denen bereits fünf in Untersuchungshaft
sitzen. Zwei werden noch gesucht. Europol, die europäische
Polizeibehörde mit Sitz in Den Haag, spricht in diesem Zusammenhang
von einem «Pilotverfahren».
Die mutmaßlichen Hintermänner wurden in Rumänien und europäischen
Großstädten in weiteren Ländern festgenommen. Auf ihre Spur kamen die
deutschen Fahnder zum Teil durch Telefonüberwachungen, wie der
RBB-Journalist Olaf Sundermeyer sagte. Die Kripo ermittelte auch in
Rumänien und anderen Ländern und konnte internationale Haftbefehle
ausstellen lassen.
Die reisende Bande war laut RBB in mindestens sechs europäischen
Ländern aktiv, darunter in Frankreich und Spanien. Die meisten der
Diebe sind Kinder- und Jugendliche, die von der Bundespolizei im
zweiten Halbjahr 2013 nach Taten in den Berliner S- und U-Bahnhöfen
festgenommen wurden.
Die Ermittlungen führte Dirk Eckert, Staatsanwalt für organisierte
Kriminalität in Berlin. Er sagte dem RBB, dass die besondere Tragik
des Verfahrens darin liege, dass die Eltern ihre eigenen Kinder zum
Stehlen zwangen und für die Taten nach Deutschland schickten. «Die
Familien betreiben den Taschendiebstahl wie eine Firma. Wir wollten
erstmals versuchen, nicht nur die Taschendiebe einer Verurteilung
zuzuführen, sondern an die Hintermänner heranzukommen.»
Die Zahl der Taschendiebstähle in Berlin hat sich seit 2013 mehr als
verdoppelt, alleine im vergangenen Jahr wurden 40 000 Fälle
angezeigt. Die Dunkelziffer liegt noch weit darüber. Die allermeisten
Taten werden laut dem Landeskriminalamt von Tätern aus Rumänien und
Nordafrika verübt. Roma sind in dem Bereich aktiv, weil sie in ihren
Herkunftsländern wie Rumänien oft kaum eine andere Perspektive als
Kriminalität haben.