Boris Johnson - Exzentriker und Liebling des Volkes Von Silvia Kusidlo, dpa
14.07.2016 17:35
Er stolpert, stürzt und pöbelt: Boris Johnson ist einer der
beliebtesten Politiker in Großbritannien. Jetzt ist der
Brexit-Wortführer zum Außenminister ernannt worden.
London (dpa) - Lausbuben-Image und markige Sprüche: Bei den meisten
Briten kommt der neue Außenminister Boris Johnson gut an. In Umfragen
wurde er zumindest vor dem Brexit-Votum zum beliebtesten Politiker
Großbritanniens gekürt.
Der 52-Jährige wirkt hemdsärmelig, spricht den einfachen Mann auf der
Straße an. Er schneidet Grimassen, kleckert mit Speiseeis, stolpert,
stürzt und pöbelt. Manche halten das aber für eine ganz gezielte
Masche. Tatsächlich gehört der Konservative zum Establishment.
Geboren wurde der Exzentriker als Alexander Boris de Pfeffel Johnson
in New York. Vater: Politiker und Wissenschaftler. Mutter: Malerin.
Sein Urgroßvater väterlicherseits war der letzte Innenminister des
Osmanischen Reichs. Ausbildung: Elite-Internat Eton und danach
Studium an der Top-Uni Oxford, wo er seinen Parteifreund David
Cameron kennenlernte. Er ist verheiratet und hat vier Kinder.
Der Brexit-Wortführer war vor der Abstimmung über den Austritt aus
der EU der größte Gegenspieler Camerons - der am Mittwoch als
Premierminister zurücktrat und Theresa May damit den Weg freimachte.
Ob bei seiner früheren Arbeit als Journalist oder später in der
Politik: Johnson trat schrill und häufiger auch sehr undiplomatisch
auf. Zu seinen größten Ausrutschern zählt seine Behauptung, die EU
wolle einen Superstaat errichten - wie einst Napoleon und Hitler.
Bei aller Lockerheit verfolgt Johnson seine Ziele mit Ehrgeiz - auch
beim Sport. In diesen Tagen erlangte bei Youtube ein älteres Video
neue Popularität: In einem Fußball-Benefizspiel eines britischen
Teams gegen Deutschland zeigt sich Johnson 2006 als Draufgänger und
rennt den deutschen Ex-Nationalspieler Maurizio Gaudino um. Es tat
«wirklich höllisch weh», erinnert sich Gaudino in der Zeitung
«Thüringer Allgemeine».
Auch in der Politik zeigt er Willensstärke: Nach mehreren Jahren als
Abgeordneter im Unterhaus war er von 2008 bis Mai 2016 Bürgermeister
von London. Er galt als einer der Favoriten für die Nachfolge von
Cameron - teilte dann aber plötzlich mit, dass er nicht für dieses
Amt kandidiere. Ebenso überraschte jetzt die Entscheidung der neuen
Premierministerin, den ruppigen Politiker zum Außenminister und damit
Chefdiplomaten Großbritanniens zu ernennen.
