Das Vertragsverletzungsverfahren der EU

07.12.2016 09:09

Brüssel/Berlin (dpa) - Hat ein Mitgliedstaat der Europäischen Union
Regeln der Gemeinschaft gebrochen oder versäumt, diese richtig
umzusetzen? Diese Frage klärt das Vertragsverletzungsverfahren.

Zunächst schickt die EU-Kommission in Brüssel ein Mahnschreiben an
das betreffende Land und bestimmt eine Frist zur Nachbesserung. Wird
aus Sicht der Behörde nicht ausreichend Abhilfe geschaffen, kann eine
Klage der Kommission am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg
folgen. Artikel 258 des Lissabon-Vertrags legt dieses Vorgehen fest.

Erkennt das höchste EU-Gericht einen Vertragsverstoß, dann muss der
beklagte Staat diesen beheben. Sonst kann der EuGH hohe Geldstrafen
verhängen. In der Vergangenheit gab es bereits etliche solche Fälle.
Nun könnte der Streit um die Auslegung von EU-Regeln zum Ausstoß von
Stickoxiden im Autoverkehr zu einem weiteren Verfahren führen.

Die Kommission als Wächterin über die EU-Verträge sah schon die
deutschen Maut-Pläne kritisch, weil im ursprünglichen Konzept von
Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ausländische Autofahrer im
Vergleich zu deutschen diskriminiert würden - erst vor kurzem konnte
der Streit beigelegt werden. Auch bei der Strom- und Gasrichtlinie
der EU hatte es einen «blauen Brief» aus Brüssel gegeben. Ähnliches

geschah im Zusammenhang mit den Gemeinschaftsregeln zum einheitlichen
europäischen Luftraum oder zum besseren Nitrat-Schutz von Gewässern.

Die Autoindustrie war ebenfalls schon Gegenstand des Verfahrens.
Beispiele sind der Konflikt um Klimaanlagen-Kältemittel bei Daimler
oder die Klage gegen das VW-Gesetz. In letzterem Fall bestätigte der
EuGH im Oktober 2013 nach gut zehn Jahren Streit die Sonderstellung
des Landes Niedersachsen bei Europas größtem Autobauer.