Essen ist «Grüne Hauptstadt Europas»: Auftakt mit großem Bürgerfe st Von Helge Toben, dpa
20.01.2017 13:41
Essen ist auch ein bisschen trotzig: Erst lässt sich die einstige
Montanmetropole zur «Grünen Hauptstadt Europas» wählen. Jetzt feier
t
sie den Start im Januar mit einem Bürgerfest im größten Park der
Stadt. Wer sich warm anzieht, dürfte Spaß haben.
Essen (dpa) - Als «Grüne Hauptstadt Europas 2017» will Essen eines
Tages auch eine Stadt ganz ohne Plastiktüten werden. Einen Anfang
können die Bürger zum Auftakt des Hauptstadtjahres an diesem Samstag
machen: Wer mag, bringt zum großen Kultur- und Familienfest im
Stadtpark «Gruga» eine gebrauchte Plastiktüte mit.
Sieben Jahre nach dem Jahr als Kulturhauptstadt 2010 ist die Stadt
Essen erneut europäische Kapitale: Diesmal in Sachen Umweltschutz und
Nachhaltigkeit - ernannt von der Europäischen Kommission. Mit dem
zweitägigen Bürgerfest startet die «Grüne Hauptstadt Europas 2017
» an
diesem Samstag offiziell. Bei der Open-Air-Eröffnung will
EU-Umweltkommissar Karmenu Vella ebenso dabei sein wie
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD).
«Essen hat diesen Titel mehr als verdient», ließ die Ministerin zur
Eröffnung mitteilen. Der Titel sei auch eine Auszeichnung für
gelungenen Strukturwandel. «Es hat sich inzwischen herumgesprochen,
wie grün die Stadt Essen ist. Das gilt übrigens für weite Teile des
Ruhrgebiets.»
Kritik kommt derweil von der Naturschutzorganisation BUND: «In Sachen
Landschaftsschutz und Verkehr ist bereits jetzt erkennbar, dass Essen
diesen Titel nicht verdient und ihm nicht entsprechen wird», teilte
BUND-Landeschef Holger Sticht am Freitag mit. Der Titel «Grüne
Hauptstadt» mache nur Sinn, wenn es zu den von der Stadt
eingereichten Zielen und Projekten auch die nötigen politischen
Beschlüsse gebe. Nur so könne eine nachhaltige Entwicklung gesichert
werden. «Dies fehlt aber leider bislang völlig.»
Die Organisatoren des Eröffnungsfestes wollen die Bürger am Samstag
ab 17.30 Uhr und Sonntag ab 16.00 Uhr mit einem umfangreichen
Programm für die Kulturhauptstadt begeistern. Unter den 35 Stationen
sind Illuminationen, Tanz- und Theatervorführungen, Ausstellungen
sowie ein Lichterlabyrinth. Bei einer Performance mit dem Titel
«Sturm & Wasser» geht es etwa in einer mystischen Seenlandschaft um
einen erbitterten Kampf um das Lebenselixier Wasser. An einer anderen
Station bringen Musiker Fahrräder zum Klingen: Ihre Instrumente sind
Sättel, Speichen, Luftpumpen und Klingeln.
In drei Containern ist eine Kunstinstallation zu sehen, die den
Wandel der Stadt Essen von «grün» (um das Jahr 1620) zu «grau» (u
m
1920) zu «grün» (2017) beschreibt. In einer Waldhütte lädt eine
«Gruga-Fee» zu einer Märchenstunde ein.
Auch sonst setzt die Stadt beim Programm der «Grünen Hauptstadt» auf
Bürgerbeteiligung und Nachhaltigkeit. Mehr als 300 Aktionen sind
geplant. Ein Highlight: Mit Beginn der Badesaison soll ab Mai das
Baden im Trinkwasserfluss Ruhr an einer Stelle wieder erlaubt werden
- nach 46 Jahren Verbot.
Den ersten Titel der Grünen Hauptstadt Europas vergab die
EU-Kommission 2010 an Stockholm. 2011 folgte Hamburg. Eine Jury
bewertet die Kommunen in zwölf Bereichen wie etwa Anpassung an den
Klimawandel, Verkehr, Luftqualität, Lärmschutz, Abwasserbehandlung
und Energieeffizienz. 2016 trug Ljubljana, die Hauptstadt Sloweniens,
den Titel.
Und was geschieht mit den Plastiktüten? Gesammelt wird das ganze
Jahr. Studenten der Folkwang Hochschule wollen dann am Jahresende
eine Skulptur daraus fertigen, die sich mit den Vor- und Nachteilen
von Plastik-Nutzung beschäftigt.