Ministerium: Verbot für Kunstrasen mit Mikroplastik längst nicht fix

22.07.2019 15:08

Bundesinnenminister Seehofer sorgt sich um den Fortbestand von
Fußballplätzen mit Kunstrasen und verlangt zumindest eine
Übergangsfrist. Nach Angaben des Umweltministeriums ist ein Verbot
aber noch längt nicht ausgemachte Sache.

Berlin (dpa) - Die Warnung vor dem möglichen Aus für Kunstrasenplätze

mit Mikroplastik wegen eines Verbots in der EU kommt aus Sicht des
Bundesumweltministeriums zu früh. «Ob die EU-Kommission ein Verbot
von Plastik-Einstreumaterial für Kunstrasensportplätze vorschlagen
wird, steht noch längst nicht fest», teilte ein Sprecher von
Ministerin Svenja Schulze (SPD) am Montag mit.

Die Europäische Chemikalienagentur (Echa) sei erst in einer frühen
Phase der Meinungsbildung zum Thema Mikroplastik und sammele
Informationen und Einschätzungen zum Thema ein, heißt es aus dem
Ministerium. Es gehe um den Neueintrag oder das Nachfüllen von
Kunststoffgranulat, nicht um den Abriss von Sportplätzen. Zudem stehe
nicht der Kunstrasen selbst im Fokus, sondern nur Granulat, für das
es offenbar schon Alternativen gebe.

Der auch für den Sport zuständige Bundesinnenminister Horst Seehofer
(CSU) will sich für eine Übergangsfrist von sechs Jahren für
bestehende Kunstrasenplätze einsetzen, sollte es ab 2022 ein Verbot
geben. In einem Interview der «Welt am Sonntag» warb er «für einen

vernünftigen Ausgleich zwischen Umweltschutz und den berechtigten
Interessen des Sports. Viele Tausend Sportanlagen in deutschen
Kommunen wären sonst von der Schließung bedroht». Der Deutsche
Olympische Sportbund (DOSB) und der Deutsche Fußball-Bund (DFB)
beschäftigen sich intensiv mit der Problematik, mit der sich auch die
deutsche Politik schon länger befasst.

In Deutschland gibt es nach Verbandsangaben mehr als 6000
Kunstrasenplätze. Vor allem für den ganzjährigen Trainingsbetrieb der

Vereine mit vielen Mannschaften unterschiedlicher Altersklassen sind
sie lebensnotwendig.

Grundsätzlich sei das Umweltministerium dafür, Mikroplastik zu
vermeiden. Es habe aber auch «großes Interesse daran, dass
Sportvereine ihren Spiel- und Trainingsbetrieb, insbesondere im
Breiten- und Jugendsport, ohne Einschränkungen durchführen können».


Die öffentliche Konsultation läuft laut Umweltministerium noch bis
20. September, dann beginnen fachliche Prüfungen. Erst ein Jahr
später sollen die Stellungnahmen der Experten vorliegen, die dann
wieder kommentiert und nochmal überprüft werden, und schließlich an
die EU-Kommission gehen. Wenn die Kommission einen Vorschlag mache,
werde er von den Mitgliedsstaaten beraten.

In einigen Bundesländern hat die Politik bereits auf ein mögliches
Verbot reagiert. So wurde in Baden-Württemberg (rund 600 Plätze) die
finanzielle Förderung neuer Kunstrasenplätze mit Gummigranulat
eingestellt. Auch die rund 450 Kunstrasenplätze in Rheinland-Pfalz
müssen eine Alternative zum Kunststoff-Granulat finden. Das auch für
Sport zuständige Innenministerium habe beschlossen, Kunstrasenplätze
mit Kunststoff-Granulat als Einfüllstreu nicht mehr zu bewilligen.
Alternative Lösungen seien Kork, Sand, Hybridrasen - halb Kunst und
halb Natur - oder Kunstrasen ganz ohne Verfüllung.