Irischer Ex-Premier Ahern: Vereinigung Irlands langfristig möglich

13.03.2021 12:53

Dublin (dpa) - Der ehemalige irische Regierungschef Bertie Ahern
glaubt, dass eine Wiedervereinigung der beiden Teile der irischen
Insel langfristig möglich ist. Ein Referendum darüber könne er sich
beispielsweise zum 30. Jahrestag des Karfreitagsabkommens 2028
vorstellen, sagte Ahern in einem Interview der italienischen Zeitung
«La Repubblica», das am Samstag veröffentlich wurde. Zum jetzigen
Zeitpunkt sei es aber taktisch unklug, Forderungen nach einer
Volksabstimmung zu stellen.

Mit dem Karfreitagsabkommen war 1998 ein jahrzehntelanger Bürgerkrieg
im britischen Nordirland zu Ende gegangen. Bei dem blutigen Konflikt
standen sich mehrheitlich katholische Befürworter einer Vereinigung
Irlands und überwiegend protestantische Anhänger der Union der
Provinz mit Großbritannien gegenüber. Ahern, der damals
Regierungschef der unabhängigen Republik Irland im Süden der Insel
war, hatte das Abkommen mit ausgehandelt.

Noch immer ist die Gesellschaft in Nordirland tief gespalten.
Vereinzelt kommt es noch immer zu Gewalttaten. Wohnbezirke,
Kindergärten und Schulen sind meist nach konfessionellen Lagern
getrennt. Durch Nordirlands Hauptstadt Belfast verlaufen
kilometerlange, meterhohe Zäune. Die sogenannten «Friedensmauern»
sollen gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten
Gruppen verhindern.

Der EU-Austritt Großbritanniens hatte die Spannungen wieder
angeheizt, weil dadurch eine EU-Außengrenze zwischen dem EU-Mitglied
Republik Irland und dem britischen Nordirland entstand.
Warenkontrollen an der Grenze sollten unter allen Umständen
verhindert werden, weil sie sonst zum Ziel für Angriffe noch immer
aktiver Splittergruppen der IRA (Irisch-Republikanische Armee) werden
könnten, die mit Terroranschlägen für das Ziel eines vereinigten
Irlands gekämpft hatte.

Doch der Entschluss Londons, sowohl die Europäische Zollunion als
auch den Binnenmarkt zu verlassen, machte die Suche nach einer Lösung
schwierig. Schließlich einigten sich beide Seiten darauf, dass die
Warenkontrollen an den Seehäfen stattfinden sollten, die Nordirland
mit dem Rest des Vereinigten Königreichs verbinden. Doch das
sogenannte Nordirland-Protokoll stößt in Nordirland auf Ablehnung bei
der größten protestantisch-unionistischen Partei DUP. Supermärkte und

andere Unternehmen klagten zudem über Schwierigkeiten. Die Regierung
in London reagierte Anfang März mit einer einseitigen Verlängerung
von Übergangsfristen für die Kontrolle von Lebensmitteln und stärkte

damit Zweifel, ob sie sich an die Abmachung gebunden fühlt.