Kommission fordert Regierung zum Handeln gegen Fluchtursachen auf

18.05.2021 16:38

Armut, Not und Gewalt können Menschen zur Flucht bewegen - auch nach
Deutschland. Das zu ändern ist alles andere als einfach. Dennoch
könnte die Bundesregierung einiges tun, meinen Fachleute.

Berlin (dpa) - Um Menschen von einer Flucht aus ihren Heimatländern
abzuhalten, sollte die Bundesregierung nach Ansicht von Experten
unter anderem stärker gegen die Erderwärmung vorgehen und
Rüstungsexporte auf den Prüfstand stellen. Das empfiehlt die von der
großen Koalition aus CDU/CSU und SPD eingesetzte «Fachkommission
Fluchtursachen» in ihrem am Dienstag in Berlin vorgestellten
Abschlussbericht.

Die unabhängige Kommission geht auf den Koalitionsvertrag zurück und
hatte die Arbeit im Oktober 2019 aufgenommen. Die 24 Mitglieder
kommen aus der Wissenschaft, aus Nichtregierungsorganisationen, der
Wirtschaft und internationalen Organisationen. Ihre Empfehlungen aus
15 Bereichen richten sich an die nächste Bundesregierung. Die
Vorsitzende der Kommission, die Präsidentin des Deutschen Roten
Kreuzes, Gerda Hasselfeldt, zeigte sich zuversichtlich, dass die
kommende Regierung die Vorschläge ernst nehmen werde - es handle sich
bei der Expertise nicht um eine «Eintagsfliege».

Prognosen zu künftigen Migrationsbewegungen seien schwierig,
erklärten die Fachleute. Sie rechnen aber damit, dass auch künftig
vor allem aus den Konfliktregionen des Nahen Ostens mit
vergleichsweise jungen Bevölkerungen Menschen die Flucht nach Europa
antreten werden. Auch Dürren und andere Folgen des Klimawandels
sorgten dafür, dass Menschen ihre Heimat verließen - auch wenn die
meisten von ihnen in ihrer Herkunftsregion blieben.

Deutschland sollte aus Sicht der Autorinnen und Autoren auch eine
Koalition von Staaten auf den Weg bringen, die jedes Jahr eine
bestimmte Zahl von Flüchtlingen direkt aus ihren Herkunftsregionen
aufnimmt. Bei einer Größenordnung von 0,05 Prozent der eigenen
Bevölkerung wären dies für Deutschland jedes Jahr 40 000 Menschen,

insbesondere aus verletzlichen Gruppen wie Frauen, Kindern und Opfern
sexualisierter Gewalt.

Nötig sind aus Sicht der Experten auch eine bessere Zusammenarbeit
der Bundesministerien, bessere Fähigkeiten zur Analyse von
Entwicklungen in anderen Staaten und zur Ausarbeitung von Strategien
zum Umgang damit. Dabei helfen soll ein «Rat für Sicherheit und
Entwicklung», der die Bundesregierung als Expertengremium beraten
könnte. Zudem müsse sich die Bundesregierung für die Einhaltung des
Rechts an den EU-Außengrenzen einsetzen und insbesondere gegen die
Zurückweisung Schutzsuchender vorgehen. Zudem solle sie für eine
menschenwürdige Unterbringung sorgen.

Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU), der den Bericht mit
vorstellte, verlangte eine bessere Abstimmung der Europäischen Union
etwa im Umgang mit Herkunftsländern. Bemühungen um eine Asylreform
scheitern seit Jahren, weil sich die EU-Staaten nicht einigen können.
Die EU müsse deutlich mehr in die Krisenvorbeugung und
Entwicklungspolitik stecken und gegen Elend und Hunger vorgehen. Wenn
die Staatengemeinschaft mehr tue für die Umsetzung der
UN-Entwicklungsziele, dann erübrigten sich auch viele Krisen, Kriege
und Fluchtbewegungen, sagte Müller.