Seehofer besorgt über weiterreisende Migranten aus Griechenland

08.06.2021 16:38

Berlin/Brüssel (dpa) - Deutschland und fünf andere europäische Länd
er
beklagen, dass immer mehr Migranten von Griechenland aus nach Mittel-
und Westeuropa ziehen. Der «gegenwärtige Trend irregulärer
Sekundärbewegungen» erzeuge große Besorgnis, heißt es in einem
Schreiben von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sowie seinen
Kolleginnen und Kollegen aus Frankreich, Belgien, Luxemburg, der
Niederlande und der Schweiz an die EU-Kommission. Dies sei ein
ernsthaftes Problem für das Funktionieren des EU-Asylsystems.

Zuerst hatte die Funke Mediengruppe über das Schreiben vom 1. Juni
berichtet, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Seehofer und
seine Kollegen richten sich an EU-Kommissionsvize Margaritis Schinas
sowie EU-Innenkommissarin Ylva Johansson. Eine Kopie ging an den
griechischen Migrationsminister Notis Mitarakis. Seehofer beklagt
schon seit Jahren sogenannte Sekundärmigration nach Deutschland aus
anderen EU-Staaten. Eigentlich ist nach EU-Recht meist jener EU-Staat
für einen Asylantrag zuständig, auf dessen Boden der Schutzsuchende
zuerst europäischen Boden betreten hat. Auf eine Reform des
Asylsystems können die EU-Staaten sich seit Jahren nicht einigen.

In dem Schreiben machen die Minister nun auf ein recht neues Phänomen
aufmerksam. Zuletzt würden immer mehr Personen, die bereits einen
Schutzstatus in Griechenland haben, mit ihren griechischen
Reisedokumenten für Flüchtlinge etwa zum Zweck eines Familienbesuchs
in andere EU-Staaten weiterreisen. Dort stellten sie dann einen
weiteren Asylantrag. Allein deutsche Behörden hätten seit Juli 2020
bereits 17 000 Fälle registriert. Die EU-Kommission solle schnell
Schritte einleiten, um den Missbrauch der Reisedokumente zu stoppen.

Zugleich beklagen die sechs Länder die schlechten Zustände in den
griechischen Aufnahmelagern. Diese machten es mitunter unmöglich, die
Migranten entsprechend der gültigen EU-Regeln zurück nach
Griechenland zu bringen. Einige nationale Gerichte hätten
entschieden, dass Griechenland die Menschen nicht angemessen
unterbringe und verpflege. Auch dies müsse die EU-Kommission zusammen
mit Athen angehen.