Corona-Hilfe für Condor: EU-Gericht erklärt Genehmigung für nichtig

09.06.2021 14:18

Als die Pandemie 2020 für Turbulenzen sorgte, halfen viele Staaten
ihren Fluggesellschaften. Die irische Ryanair zieht dagegen zu Felde
- im Fall des Ferienfliegers Condor erfolgreich. Aber der ist sehr
speziell.

Luxemburg (dpa) - Die irische Ryanair hat vor dem EU-Gericht einen
Erfolg gegen staatliche Corona-Hilfen für den deutschen Ferienflieger
Condor erzielt. Die Richter kippten am Mittwoch den Beschluss der
EU-Kommission zur Genehmigung der Beihilfe von insgesamt 550
Millionen Euro. Die Entscheidung der Brüsseler Behörde sei nicht
ausreichend begründet, erklärte das Gericht in Luxemburg. Praktisch
hat das aber zunächst keine Folgen: Zumindest vorerst muss Condor
kein Geld zurückzahlen.

Denn das Gericht hat die Wirkung der Nichtigerklärung ausgesetzt, bis
die EU-Kommission einen neuen Beschluss gefasst hat. (Rechtssache T
665/20). Die Behörde soll nun darlegen, wie sie die Höhe des
finanziellen Schadens für Condor berechnet hat. Zudem fehlt dem
Gericht ein Anhaltspunkt dafür, dass der Anfang 2020 vereinbarte
Verkauf von Condor an die polnische LOT-Mutter PGL tatsächlich wegen
der Flugausfälle infolge der Pandemie platzte.

Ryanair begrüßte das Urteil als einen «wichtigen Sieg für die Kunde
n
und den Wettbewerb». Die EU-Kommission müsse aufhören,
diskriminierende Hilfen der Mitgliedstaaten für ihre heimischen
Fluggesellschaften abzunicken, erklärte eine Sprecherin.

Condor sieht die eigene Finanzlage und Zukunft durch das Urteil
hingegen nicht gefährdet. Die Entscheidung habe keinen Einfluss auf
den jüngst vereinbarten Einstieg des Londoner Vermögensverwalters
Attestor Capital als neuem Mehrheitseigentümer, teilte eine
Sprecherin mit. Auch an der Liquidität ändere sich nichts, da das
Gericht die Wirkung der Nichtigkeitserklärung ausgesetzt habe.

Der Sprecherin zufolge steht Condor weiter im Austausch mit der
Bundesregierung, dem Land Hessen und der EU-Kommission, da die
Corona-Hilfen mit dem Einstieg von Attestor ohnehin umstrukturiert
werden müssten. Attestor will zunächst 51 Prozent der Condor-Anteile
übernehmen und 450 Millionen Euro frisches Eigenkapital einbringen.
Die Bundesrepublik und Hessen wollen den Neustart unterstützen, indem
sie auf die Rückzahlung von 150 Millionen Euro aus dem Kredit der
staatlichen Förderbank KfW verzichten.

Deutschland hatte die Beihilfe im April 2020 in Brüssel angemeldet.
Dabei ging es um zwei staatlich abgesicherte Darlehen mit
vergünstigtem Zinssatz im Umfang von 550 Millionen Euro. Hintergrund
waren die finanziellen Schäden, die Condor durch die Streichung oder
Verschiebung von Flüge infolge der Pandemie erlitt. Die staatlichen
Reisebeschränkungen haben Fluggesellschaften in aller Welt in eine
finanzielle Notlage gebracht. Viele Regierungen retteten heimische
Gesellschaften mit Finanzspritzen vor dem Aus.

Der Fall Condor ist etwas spezieller. Denn der deutsche Staat hatte
den Ferienflieger bereits 2019 mit einem KfW-Kredit gerettet, nachdem
der damalige Mutterkonzern Thomas Cook in die Pleite gerutscht war.
In einem Schutzschirmverfahren wurde Condor saniert, und Anfang 2020
stand mit der LOT-Mutter PGL ein Investor bereit. Doch nach dem
Ausbruch der Pandemie sprangen die Polen ab - und Condor benötigte
erneut staatliche Hilfe.

Der Fall Condor ist einer von vielen, in denen Ryanair gegen
staatliche Corona-Hilfen für Konkurrenten vorgeht. Mitte Mai erzielte
der Billigflieger einen Teilerfolg: Das EU-Gericht erklärte
Beschlüsse der EU-Kommission für Beihilfen an die portugiesische TAP
und die niederländische KLM für nichtig. Spanische Hilfen für
strategisch bedeutende Unternehmen bestätigte das Gericht in
Luxemburg hingegen damals.

Im April hatte die irische Fluggesellschaft erfolglos versucht, gegen
Hilfen von Schweden und Dänemark für SAS und finnische Unterstützung

für Finnair vorzugehen.