London und Brüssel: Kein Durchbruch bei Gesprächen zu Nordirland

09.06.2021 16:46

London (dpa) - Im Streit über die die Brexit-Regeln für Nordirland
ist Großbritannien und der EU am Mittwoch kein Durchbruch gelungen.
Der britische Brexit-Minister David Frost, der sich mit EU-Kommissar
Maros Sefcovic in London traf, warf Brüssel vor, einen «extremen und
puristischen» Ansatz bei der Umsetzung zu verfolgen. Sefcovic zeigte
sich dagegen enttäuscht über die Haltung der Briten. «Wir sind heute

an einem Scheideweg», sagte Sefcovic. «Das Vertrauen, das jeder
Beziehung zugrunde liegen sollte, muss wieder hergestellt werden.»

Der Brexit-Beauftragte im Europaparlament, David McAllister (CDU),
forderte Großbritannien auf, das EU-Austrittsabkommen vollständig
umzusetzen. «Versuche der britischen Regierung, das Protokoll zu
Irland und Nordirland stückweise zu unterminieren, sind nicht
akzeptabel», sagte McAllister der Deutschen Presse-Agentur.

Laut Abkommen folgt die britische Provinz Nordirland weiterhin Regeln
des EU-Binnenmarkts. Damit soll eine Warengrenze zum EU-Mitglied
Republik Irland verhindert werden, um nicht neue Spannungen in der
ehemaligen Bürgerkriegsregion zu provozieren. Notwendig werden
dadurch allerdings Kontrollen zwischen den anderen Teilen des
Vereinigten Königreichs und Nordirland, die für Schwierigkeiten im
Handel sorgen. Beide Seiten machen sich gegenseitig Vorwürfe. London
hatte teilweise Kontrollen eigenhändig ausgesetzt, Brüssel daraufhin
Vertragsbrüche beklagt.

Derzeit werden noch gar nicht alle notwendigen Kontrollen und
Prozesse des Nordirland-Protokolls umgesetzt. Denn es gelten
Übergangsfristen. Sefcovic warf den Briten vor, ihren vertraglichen
Verpflichtungen bislang nicht ausreichend nachgekommen zu sein und
sich außerdem wenig konstruktiv zu zeigen.

Frost schrieb in einer offiziellen Erklärung nach dem Treffen, die
britische Regierung erwäge weiter «alle Optionen», um weitere
Probleme für den innerbritischen Handel zu verhindern. Sefcovic
kündigte seinerseits an, die EU werde nicht zögern, Gegenmaßnahmen
zu
ergreifen, sollte London erneut einseitig Fristen außer Kraft setzen
und sich nicht an das Abkommen halten. «Wie Sie wissen, ziehen wir
Verhandlungen immer vor, wir ziehen es immer vor, gute Lösungen zu
finden», betonte der EU-Kommissionsvize.

US-Präsident Joe Biden will den Konflikt zwischen London und Brüssel
nach einem Bericht der BBC am Rande des bevorstehenden G7-Gipfels im
englischen Cornwall ansprechen.