EuGH: Kopftuchverbot in Kita und Drogerie kann rechtens sein

15.07.2021 10:28

Darf einer Muslimin untersagt werden, mit Kopftuch an einer
Drogeriemarktkasse zu stehen oder in einer Kita zu arbeiten? Der
Europäische Gerichtshof hat zu zwei Fällen aus dem Raum Nürnberg und

Hamburg ein Urteil gesprochen.

Luxemburg (dpa) - Der Europäische Gerichtshof hat die Rechte von
Arbeitgebern gestärkt, die muslimischen Mitarbeiterinnen das Tragen
von Kopftüchern verbieten. Das Verbot des Tragens jeder sichtbaren
Ausdrucksform politischer, weltanschaulicher oder religiöser
Überzeugungen könne durch das Bedürfnis des Arbeitgebers
gerechtfertigt sein, gegenüber den Kunden ein Bild der Neutralität zu
vermitteln oder soziale Konflikte zu vermeiden, urteilte der EuGH am
Donnerstag.

Hintergrund des Urteils waren zwei Fälle aus Deutschland. Zum einen
war eine muslimische Mitarbeiterin einer überkonfessionellen
Kindertagesstätte mehrfach abgemahnt worden, weil sie mit Kopftuch
zur Arbeit gekommen war. Vor dem Arbeitsgericht Hamburg wurde
daraufhin verhandelt, ob die Einträge aus der Personalakte gelöscht
werden müssen. Das Gericht bat den EuGH daraufhin um die Auslegung
von EU-Recht.

Ähnlich ging das Bundesarbeitsgericht 2019 mit dem Fall einer
Muslimin aus dem Raum Nürnberg vor, die gegen ein Kopftuchverbot bei
der Drogeriemarktkette Müller geklagt hatte. Während sich die
Angestellte in ihrer Religionsfreiheit eingeschränkt sah, verwies die
Drogeriekette auf unternehmerische Freiheit.

Bereits 2017 hatte der EuGH in einem ähnlichen Fall entschieden, dass
ein allgemeines internes Verbot von politischen oder religiösen
Symbolen am Arbeitsplatz keine unmittelbare Diskriminierung
darstellt. Der Wunsch von Arbeitgebern, ihren Kunden ein Bild der
Neutralität zu vermitteln, sei legitim und gehöre zur
unternehmerischen Freiheit, so die Richter.

Das abschließende Urteil im konkreten Fall der Kita-Mitarbeiterin und
der Angestellten des Drogeriemarktes müssen nun die zuständigen
deutschen Gerichte treffen. Der EuGH betonte am Donnerstag, dass
diese durchaus Entscheidungsspielraum haben. Demnach könnten die
nationalen Gerichte im Rahmen des Ausgleichs der in Rede stehenden
Rechte und Interessen dem Kontext ihres jeweiligen Mitgliedstaats
Rechnung tragen. Insbesondere sei dies der Fall, wenn es in Bezug auf
den Schutz der Religionsfreiheit günstigere nationale Vorschriften
gebe.