EuGH: Disziplinierung von Richtern in Polen verstößt gegen EU-Recht

15.07.2021 11:21

Luxemburg/Warschau (dpa) - Polen verstößt laut einem EuGH-Urteil mit
seinem System zur Disziplinierung von Richtern gegen europäisches
Recht. Die 2018 eingerichtete Disziplinarkammer am Obersten Gericht
des Landes biete nicht alle Garantien für die Unabhängigkeit und
Unparteilichkeit, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am
Donnerstag.

Die Disziplinarkammer ist das Herzstück der umstrittenen Reformen des
polnischen Justizsystems der nationalkonservativen PiS-Regierung. Die
Disziplinarkammer kann jeden Richter oder Staatsanwalt entlassen.
Kritiker dieser Einrichtung befürchten, sie könne dazu dienen,
Richter für unbotmäßige Entscheidungen zu maßregeln.

Ausgewählt werden die Mitglieder der Disziplinarkammer vom
Landesjustizrat. Dieser soll eigentlich die Unabhängigkeit der
Richter garantieren. Früher hatten in ihm Richter die Mehrheit, die
von anderen Richtern gewählt wurden. Doch seit der PiS-Justizreform
Ende 2017 werden die Mitglieder des Gremiums vom Sejm gewählt.

Der EuGH kritisierte, der Landesjustizrat sei ein Organ, das «von der
polnischen Exekutive und Legislative wesentlich umgebildet wurde», an
seiner Unabhängigkeit gebe es berechtigte Zweifel. Daraus leiten die
Richter ab, dass die aus neuen Richtern bestehende Disziplinarkammer
möglicherweise ebenfalls nicht ausreichend unabhängig sei.