Mehr Bio und mehr Tierwohl: EU-Länder stellen Weichen für die Zukunft Von Marek Majewsky, dpa

19.07.2021 18:24

Es klingt vorbildlich: Mehr Bio-Landwirtschaft und mehr Tierwohl
wollen die EU-Länder in den kommenden Jahren durchsetzen. Für
Millionen Tiere könnte das weniger Leid bedeuten. Doch vor allem beim
ökologischen Anbau haben einige Länder großen Aufholbedarf.

Brüssel (dpa) - Grüner und tierfreundlicher soll die Agrarwirtschaft
der Zukunft werden: Die EU-Länder wollen einen deutlichen Ausbau der
Bio-Landwirtschaft vorantreiben. Die zuständigen Ministerien der
EU-Länder einigten sich am Montag auf Schlussfolgerungen, die unter
anderem vorsehen, dass bis 2030 ein Viertel der Agrarfläche in der EU
für Bio-Landwirtschaft genutzt werden soll.

Einen entsprechenden Aktionsplan mit diesem Ziel hatte die
EU-Kommission bereits im Frühjahr vorgeschlagen, die EU-Länder haben
diesen nun offiziell begrüßt. Am Abend wollten sich die Staaten zudem
über gleich drei Initiativen für mehr Tierwohl austauschen. Dabei
ging es um Käfighaltung, Putenmast und das sogenannte
Kükenschreddern.

Für die Bundesrepublik bedeuten die Beschlüsse zur
Bio-Landwirtschaft, dass die nationalen Ziele noch einmal
nachgebessert werden müssten. Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist,
dass bis 2030 20 Prozent der Agrar-Fläche nach Bio-Standards
bewirtschaftet wird. Ganz so deutlich wurde dies am Montag jedoch
nicht gesagt, es hieß nur, dass sich «zusätzliche Impulse» für de
n
nationalen Aktionsplan ergäben. Dabei wurde auch angesprochen, wie
der Ausbau gelingen könnte.

Sie sehe etwa großes Potenzial in Bereichen wie Kitas, Schulen
Krankenhäuser, sagte Staatssekretärin Beate Kasch, die
Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) bei dem Ministertreffen
vertrat. Dort könnten mehr Bio-Produkte verwendet werden.

Aktuellen Zahlen des Bundeslandwirtschaftsministeriums zufolge lag
der Anteil der Bio-Landwirtschaft - gemessen an der Fläche - im
vergangenen Jahr bei 10,3 Prozent, Ende 2019 bei 9,7. Derzeit
bestehen in den EU-Ländern große Unterschiede, was den Anteil der
Bio-Landwirtschaftsfläche betrifft.

Österreich übererfüllt nach Angaben von Ministerin Elisabeth
Köstinger bereits das vorgegebene Ziel mit einem Anteil von 26
Prozent. Schlusslichter sind Daten der Statistikbehörde Eurostat von
2019 zufolge Malta (0,5 Prozent) gefolgt von Irland (1,6) und
Bulgarien (2,3). Deutschland lag damals mit 7,7 Prozent im unteren
Mittelfeld.

EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski zeigte sich angesichts der
Teilnahme von US-Agrarminister Tom Vilsack zudem erfreut darüber,
dass die USA nun mit Blick auf die Bio-Landwirtschaft ähnliche
Ansätze wie Europa verfolgten.

Am Abend sollte zudem über eine gemeinsame Initiative von Frankreich
und Deutschland gesprochen werden, die ein EU-weites Verbot des
Tötens männlicher Küken vorsieht. Beide Länder fordern die
EU-Kommission dazu auf, dieses einzuleiten.

Durch das sogenannte Kükenschreddern werden jährlich mehr als 40
Millionen männliche Küken getötet, nachdem sie geschlüpft sind.
Grund: Die als Legehennen gezüchteten Rassen setzen kaum Fleisch an
und sind für die Mast ungeeignet. Für deutsche Betriebe dürfte sich
durch die Initiative wenig ändern: Das millionenfache Töten
männlicher Küken wird in Deutschland ab Anfang kommenden Jahres
verboten.

Zudem unterstützt die Bundesrepublik einen Vorstoß der Kommission,
2023 einen Vorschlag zum Verbot von Käfighaltung vorzulegen. Die
Vorschriften könnten dann bis 2027 in Kraft treten. Die Kommission
war nach einer erfolgreichen Bürgerinitiative tätig geworden. Dieser
zufolge leben in Deutschland noch mehr als 8,2 Millionen Tiere in
Käfigen, was einem Anteil von 14 Prozent der Nutztiere entspreche.
Und auch in der Putenmast soll es Verbesserungen geben. Bislang fehle
es in diesem Bereich an spezifischen Mindestanforderungen.