Europas Banken im Stress: Wie krisenfest ist die Branche?

25.07.2021 08:00

Kostendruck, digitale Wettbewerber und dann auch noch die Pandemie -
Stress haben Europas Banken eigentlich genug. Die Bankenaufseher
hatten ein Einsehen und verschoben ihren regelmäßigen Krisentest. In
den vergangenen Monaten wurde es ernst, bald gibt es die Ergebnisse.

Frankfurt/Paris (dpa) - Ein Jahr später als ursprünglich geplant
haben Europas Aufseher die Banken auf dem Kontinent wieder einem
großen Gesundheitscheck unterzogen. Sind die Institute ausreichend
gerüstet, falls sich die Corona-Pandemie noch einmal verschärft?
Reichen die Kapitalpuffer für einen herben Wirtschaftseinbruch? In
den vergangenen Monaten mussten die Geldhäuser auf Basis ihrer
Jahresbilanz 2020 durchrechnen, wie sich diverse Stressszenarien
auswirken würden. Veröffentlicht werden die Ergebnisse an diesem
Freitagabend (30.7.).

Eigentlich sollte die neue Auflage des europäischen Bankenstresstests
schon 2020 durchgeführt werden. Doch um den Instituten mitten in der
Corona-Krise nicht noch weitere Aufgaben aufzubürden, verschob die
europäische Bankenaufsicht EBA die Prüfung um ein Jahr. Parallel dazu
gab es nun für eine größere Gruppe führender Finanzinstitute aus de
m
Euroraum wieder einen Stresstest der Europäischen Zentralbank (EZB)

Die European Banking Authority (EBA) hat 50 Geldhäuser aus 15 Ländern
unter die Lupe genommen, die gemessen an den Vermögenswerten zusammen
für rund 70 Prozent des Bankenmarktes in Europa stehen. Darunter sind
7 aus Deutschland: BayernLB, Commerzbank, Deutsche Bank, DZ Bank,
Landesbank Baden-Württemberg, Landesbank Hessen-Thüringen, Volkswagen
Bank.

38 der 50 Institute in dem EBA-Test sind Banken aus dem Euroraum, die
zentral von der EZB überwacht werden. Parallel zu dem EBA-Test hat
die EZB-Bankenaufsicht in einem nahezu identischen Stresstest für den
Euroraum weitere 51 Banken unter die Lupe genommen, die sie direkt
beaufsichtigt. Ursprünglich sollten es 53 sein, doch wegen eines
Zusammenschlusses wurden 2 Institute herausgenommen. Die EZB
überwacht seit November 2014 die größten Banken und Bankengruppen im

Euroraum, derzeit sind dies 114 Institute, die für fast 82 Prozent
des Marktes im Währungsraum der 19 Länder stehen.

Im Krisenszenario des EBA-Test wird unterstellt, dass sich die
Corona-Krise zuspitzt und die wirtschaftlichen Rückschläge infolge
der Pandemie länger anhalten. Die Wirtschaft in der Europäischen
Union würde in diesem Szenario in den drei Jahren bis 2023 kumuliert
um 3,6 Prozent schrumpfen. Zugleich würde die Arbeitslosenquote
steigen und die Immobilienpreise würden kräftig einbrechen.

Auf Verbraucher übertragen könnte ein solcher Test so aussehen:
Reichen Einnahmen, Ersparnisse oder Versicherungsschutz auch dann,
wenn Auto und Waschmaschine gleichzeitig kaputtgehen, der Arbeitgeber
pleitegeht und man erst im nächsten Jahr einen neuen Job findet? Oder
auf Hausbesitzer gemünzt: Was wäre, wenn gleichzeitig der Blitz
einschlägt, der Strom ausfällt, es einen Wasserrohrbruch gibt und
Einbrecher in die eigenen vier Wände einsteigen?

Bei Banken sollen solche Tests Risiken in den Bilanzen der Institute
offenlegen. Durchfallen können Banken im diesjährigen Test nicht,
denn die Aufseher haben keine Mindestkapitalquote vorgegeben, die zu
erfüllen ist. Gegebenenfalls können die Aufseher aber einzelnen
Geldhäusern auftragen, ihre Kapitalpuffer zu verstärken, um sich
besser für mögliche Rückschläge zu wappnen.

Beim letzten großen europäischen EBA-Bankenstresstest 2018 hatten
sich die Kapitalpuffer bei den meisten der seinerzeit 48 untersuchten
Institute auch unter widrigen Bedingungen als tragfähig erwiesen.
Unter den acht deutschen Instituten im damaligen Test hatte - nicht
ganz überraschend - die NordLB am schlechtesten abgeschnitten: Die
von faulen Schiffskrediten belastete Landesbank suchte seinerzeit
nach Investoren und wurde letztlich von ihren Eignern Niedersachsen,
Sachsen-Anhalt und den Sparkassen mit Milliardenhilfen gerettet.

Seit der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 überprüfen
Aufseher weltweit mit solchen Stresstests regelmäßig, wie anfällig
Banken im Krisenfall wären. Unumstritten sind solche Tests und die
Ableitungen daraus nicht, denn welche Risiken in den hypothetischen
Szenarien wie stark gewichtet werden, liegt letztlich in der Hand der
Aufseher.