Barnier pocht auf französischen Alleingang in Migrationsfragen

15.09.2021 18:30

Paris (dpa) - Der um das Präsidentenamt in Frankreich kämpfende
Ex-Brexit-Unterhändler Michel Barnier hält trotz Kritik an der Idee
eines französischen Alleingangs in Migrationsfragen fest. Er sei für
ein Referendum in Frankreich im September kommenden Jahres zu dem
Thema sowie für einen verfassungsrechtlichen Schutzschild, um
nationale Maßnahmen treffen zu können, sagte Barnier dem Wochenblatt
«Le Point» am Mittwoch. Es gehe um ein Moratorium von drei bis fünf
Jahren, um die Migration unter Kontrolle zu bringen.

Zunächst solle in Frankreich ein Konsens erzielt und dann mit den
europäischen Partnern über eine effektive Sicherung der Außengrenzen

gesprochen werden, sagte Barnier. Auch solle das Schengen-Abkommen
reformiert werden, mit dem die Kontrollen an den Binnengrenzen der EU
abgeschafft wurden.

Barnier warnte nach dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU vor
Nachahmern. «Ich sage, passt auf, wenn ihr meint, dass sich nichts
ändern muss, das alles gut läuft in Brüssel, dass es das übliche
Geschäft ist, dann riskiert ihr andere Brexits woanders, und ich
möchte dieses Risiko nicht eingehen.»

Mit der Forderung einer Beschränkung des Einflusses europäischer
Gerichte in Migrationsfragen hatte Barnier sich in der Vorwoche
scharfe Kritik aus Brüssel eingehandelt. Die EU-Kommission verwies
darauf, dass aus den EU-Verträgen ganz klar eine Zuständigkeit des
Europäischen Gerichtshofs im Bereich der Asyl- und Migrationspolitik
hervorgehe. Seine Aussage ist vor dem Hintergrund brisant, dass sich
europäische Gerichte seit Jahren Angriffen aus Staaten wie Polen und
Ungarn ausgesetzt sehen, die deren Autorität anzweifeln.

Barnier hatte Ende August erklärt, Spitzenkandidat der französischen
Konservativen für die Präsidentenwahl werden zu wollen. Er hat aber
parteiintern noch mehrere Konkurrenten.