Baerbock will bei EU-Asylreform nicht auf Orban warten

17.09.2021 05:00

Berlin (dpa) - In der festgefahrenen europäischen Asylpolitik macht
sich Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock für einen Neustart im
kleineren Kreis stark. «Ich möchte, dass wir mit denjenigen Staaten
vorangehen, die bereit sind, das Leid an den Außengrenzen zu beenden
und für eine humane und geordnete Flüchtlingspolitik in der EU
eintreten», sagte Baerbock der Deutschen Presse-Agentur. Für sie gebe
es keine Ausreden mehr, warum sich Deutschland nicht mit elf oder
zwölf anderen EU-Ländern zusammenfinden solle.

«Wir können nicht so lange warten, bis der ungarische
Ministerpräsident Viktor Orban bereit ist, über europäische
Flüchtlingspolitik zu reden. Das ist keine verantwortungsvolle
europäische Politik», sagte Baerbock.

Länder sollten mit Anreizen zur Teilnahme gewonnen werden, erklärte
Baerbock. «Menschen, die an den Außengrenzen ankommen, werden in
gemeinsamen Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht, überprüft, und
dann schnellstmöglich innerhalb Europas verteilt», führte die
Grünen-Chefin aus. «Dabei erhalten die Staaten, die Geflüchtete
aufnehmen und deren Asylverfahren durchführen, Unterstützung aus
einem EU-Fonds. Alle anderen zahlen einen fairen Beitrag.» Sie
unterstütze einen entsprechenden Vorschlag des Europäischen
Parlaments.

«Wir wollen die Außengrenzen kontrollieren, damit wir wissen, wer
nach Europa kommt», sagte Baerbock. «Aber klar muss auch sein: Der
Zugang zum Grundrecht auf Asyl muss immer gewährleistet sein, wir
dürfen die Werte Europas nicht im Mittelmeer untergehen lassen.» Es
sei ein Irrglaube insbesondere konservativer Parteien, dass
Abschottungspolitik zu mehr Ordnung führe. «Denn so sind die
Europäerinnen und Europäer zum Spielball von antidemokratischen
Akteuren wie zum Beispiel dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip
Erdogan geworden.» Die Türkei hat zahlreiche Flüchtlinge unter
anderem aus dem syrischen Bürgerkrieg aufgenommen und erhält zu ihrer
Versorgung finanzielle Unterstützung von der EU.