EU-Abgeordnete verdächtigen Gazprom der Marktmanipulation

17.09.2021 19:35

Brüssel/Moskau (dpa) - Mehrere Dutzend EU-Abgeordnete wittern
angesichts hoher Energiepreise eine mögliche Marktmanipulation durch
den russischen Gaskonzern Gazprom. Die Abgeordneten kritisieren unter
anderem, Gazprom habe sich geweigert, Gaslieferungen durch bereits
existierende Pipelines zu buchen. Das Unternehmen habe seine eigene
Produktion gedrosselt. Dies lasse vermuten, «dass der Rekordanstieg
der Erdgaspreise in Europa in den letzten Wochen ein direktes
Ergebnis der bewussten Marktmanipulation und der Maßnahmen von
Gazprom sein könnte», heißt es in dem auf Donnerstag datierten
Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Darin wird die Kommission aufgefordert, eine Untersuchung
einzuleiten. Die Brüsseler Behörde bestätigte den Eingang des Briefs

am Freitag. Gazprom wies die Vorwürfe zurück. Die EU erhalte alles,
was laut Verträgen vereinbart sei, teilte das Unternehmen der Agentur
Interfax zufolge mit. Es werde auch versucht, den zusätzlichen Bedarf
zu decken. Der Kreml hatte ebenfalls zurückgewiesen, dass Russland
irgendetwas mit dem derzeitigen Preisanstieg zu tun habe.

Die EU-Abgeordneten sehen einen Zusammenhang mit der
umstrittenen Pipeline Nord Stream 2, über die russisches Gas nach
Deutschland geleitet werden soll. Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte
erklärt, eine Entspannung auf dem Gasmarkt sei nach der
Inbetriebnahme von Nord Stream 2 zu erwarten.

Gazprom-Chef Alexej Miller sagte der Staatsagentur Tass zufolge,
europäische Gasspeicher seien wegen des kalten Winters und Frühlings
weniger gefüllt als sonst. Damals sei mehr Gas verbraucht worden als
gewöhnlich; und es habe erst später mit der Wieder-Befüllung begonnen

werden können. Das wirke sich auch auf die Preise aus.

Das EU-Schreiben wurde auch von dem CDU-Abgeordneten Michael Gahler
und dem Grünen-Europaparlamentarier Reinhard Bütikofer
unterschrieben. Gahler teilte mit, ein Zusammenhang zwischen
Tätigkeiten Gazproms und der schnellen Inbetriebnahme von Nord Stre
am
2 erscheint «nicht weit hergeholt». Die Kommission solle
den Vorwürfen nachgehen. Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte, man
habe die Lage auf dem Energiemarkt genau im Blick. Nord Stream 2
müsse transparent und diskriminierungsfrei betrieben werden. Die
Leitung ist fertiggebaut, aber noch nicht in Betieb.