Bütikofer: Russisches Triumphgeschrei zu Nord Stream 2 verfrüht

18.09.2021 04:28

Brüssel (dpa) - Die umstrittene Ostseepipeline Nord Stream 2 könnte
nach Ansicht des Grünen-Europaabgeordneten Reinhard Bütikofer zur
Investitionsruine werden. «Das Triumphgeschrei, mit dem die russische
Seite die Fertigstellung der Nord Stream 2 Pipeline feiert, ist
verfrüht», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Pipeline war
vor wenigen Tagen fertiggestellt worden. Künftig sollen durch die
Leitung jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Gas von Russland nach
Deutschland fließen. Bei russischen Nachbarländern wie Polen und den
baltischen Staaten stößt das Projekt aber auf große Vorbehalte.

Die USA, die Ukraine und andere Staaten hatten gegen die Pipeline
erbitterten Widerstand geleistet. Auf die Frage, ob die
Fertigstellung des Projekts vergangene Woche ein großer Triumph für
den russischen Präsidenten Wladimir Putin sei, hatte Kremlsprecher
Dmitri Peskow gesagt: «Wenn Nord Stream 2 in Betrieb geht, dann sind
die Energielieferanten ebenso die Gewinner wie die Verbraucher. Also
alle.»

Auch wenn Nord Stream 2 jetzt gebaut sei, müsse die Pipeline die
Erfordernisse des europäischen Rechts erfüllen, betonte Bütikofer. So

gebe es etwa das Prinzip des sogenannten Unbundlings (Deutsch:
Entflechtung). Dieses besage, dass Gasproduktion und Infrastruktur
zur Lieferung nicht in einer Hand liegen dürfe, um Monopole zu
verhindern. «Dieses Unbundling hat Gazprom bisher für die Pipeline
nicht vorgenommen», so Bütikofer mit Blick auf Nord Stream 2 und den
russischen Gasriesen Gazprom. Zudem müssten laut europäischem
Energierecht auch Dritte das Recht haben, in die Pipeline
einzuspeisen, wofür Gazprom noch keine Lösung gefunden habe.

Für die Inbetriebnahme ist noch eine Zertifizierung durch die
deutschen Behörden notwendig. Wann die Starterlaubnis vorliegt, ist
nicht klar. Doch selbst wenn die Bundesnetzagentur den Betrieb
genehmigen sollte, könne die EU-Kommission dem Projekt noch einen
Strich durch die Rechnung machen, so Bütikofer. Sollte sie valide
Argumente sehen, dass eine möglicherweise positive Entscheidung der
Bundesnetzagentur gegen das europäische Energierecht verstößt, könn
te
die Pipeline laut Bütikofer eine «Investitionsruine» werden.