Von der Leyen zu polnischem Urteil: Werden «alle Befugnisse nutzen»

08.10.2021 12:50

Brüssel (dpa) - EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will
mit allen verfügbaren Mitteln auf das Urteil des polnischen
Verfassungsgerichts zum Status von EU-Recht reagieren. «Ich bin
zutiefst besorgt über das gestrige Urteil des polnischen
Verfassungsgerichtshofs», teilte die deutsche Politikerin am Freitag
in einer Stellungnahme mit. Sie habe die Dienste der Brüsseler
Behörde angewiesen, das Urteil gründlich und zügig zu analysieren.
Auf dieser Grundlage werde man über nächste Schritte entscheiden.

Von der Leyen betonte, dass den EU-Verträgen zufolge alle Urteile des
Europäischen Gerichtshofs für die Behörden und Gerichte der
Mitgliedstaaten bindend seien. «EU-Recht hat Vorrang vor nationalem
Recht, einschließlich verfassungsrechtlicher Bestimmungen.» Dazu
hätten sich alle EU-Staaten als Mitglied der EU verpflichtet. «Wir
werden alle Befugnisse nutzen, die wir unter den Verträgen haben, um
dies sicherzustellen.» Welche Schritte die Brüsseler Behörde nun
einleiten könnte, ließen sowohl von der Leyen als auch ein Sprecher
am Freitag offen. Denkbar wäre zum Beispiel die Einleitung eines
sogenanntes Vertragsverletzungsverfahrens, das mit einer weiteren
Klage vor dem Europäischen Gerichtshof und am Ende mit
Finanzsanktionen enden könnte.

Das polnische Verfassungsgericht hatte am Donnerstagabend geurteilt,
dass Teile des EU-Rechts nicht mit der polnischen Verfassung
vereinbar seien. Diese Grundsatzentscheidung stellt einen Eckpfeiler
der europäischen Rechtsgemeinschaft in Frage.