Irlands Premier hofft auf Lösung im Brexit-Streit um Nordirland

08.10.2021 20:38

Dublin/Belfast (dpa) - Irlands Premier Micheal Martin ist
optimistisch, dass es bald einen Durchbruch im Streit zwischen London
und Brüssel über die Umsetzung des Brexit-Abkommens in Nordirland
geben wird. Beide Seiten seien im «Lösungsmodus», sagte Martin nach
Gesprächen mit nordirischen Politikern in Belfast am Freitag.

Zuvor hatte EU-Chefunterhändler Maros Sefcovic angekündigt, in der
nächsten Woche neue Lösungsvorschläge zu präsentieren. Auch aus
London kämen Signale, dass man an einer Lösung interessiert sei,
sagte Martin. Es gebe ein Zeitfenster über die kommenden sechs bis
acht Wochen, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen.

Berichten der britischen Zeitungen «Telegraph» und «Guardian» zufol
ge
könnte die EU-Kommission Ausnahmen für Medikamente und
Fleischprodukte bei der Einfuhr nach Nordirland machen. Der
konservative «Telegraph» wertete dies bereits als einen sich
abzeichnenden Sieg Großbritanniens im «Würstchenkrieg», wie der
Streit wegen der Konflikte um den Handel mit Fleischprodukten genannt
wird.

Zuletzt hatte London mit schärferen Drohungen den Druck auf die EU
erhöht. «Wir können nicht ewig warten», sagte Brexit-Minister David

Frost vor wenigen Tagen auf dem Tory-Parteitag in Manchester. Sollte
man sich nicht auf Änderungen am sogenannten Nordirland-Protokoll
einigen können, werde London den Artikel 16 aktivieren, mit dem Teile
der Vereinbarung außer Kraft gesetzt werden können.

Das Nordirland-Protokoll sieht vor, dass die britische Provinz
faktisch weiterhin den Regeln des EU-Binnenmarkts folgt. Damit sollen
Warenkontrollen an der EU-Außengrenze zwischen Nordirland und dem
EU-Mitglied Republik Irland verhindert werden. Ansonsten wird ein
Wiederaufflammen des Konflikts in der ehemaligen Bürgerkriegsregion
befürchtet. Stattdessen muss nun aber kontrolliert werden, wenn Waren
aus England, Schottland oder Wales nach Nordirland gebracht werden.
Das schafft Probleme im innerbritischen Handel, für die sich London
und Brüssel gegenseitig verantwortlich machen.