EU-Mitgliedstaaten erwarten Empfehlungen gegen hohe Energiepreise

13.10.2021 10:46

Die steigenden Energiekosten machen Privathaushalten und Unternehmen
in den EU-Mitgliedstaaten zu schaffen. Die Kommission in Brüssel will
Menschen und Firmen helfen - mit einer Art Werkzeugkasten.

Brüssel (dpa) - Was können EU-Staaten gegen die immer weiter
steigenden Energiepreise tun? Diese Frage will die Europäische
Kommission an diesem Mittwoch beantworten. Die Brüsseler Behörde legt
eine sogenannte Toolbox vor. Der Werkzeugkasten soll Maßnahmen
enthalten, die EU-Länder national anwenden können, ohne den Markt zu
verzerren. Haushalte und Unternehmen leiden zunehmend unter dem Druck
anziehender Heiz- und Stromkosten.

Der Großhandelspreis von Erdgas ist zwischen Januar und Oktober um
rund 440 Prozent gestiegen. Gas wird genutzt zum Heizen, aber auch
zur Stromerzeugung - der fossile Brennstoff hat also auch einen
Einfluss darauf, wie viel Strom kostet. In Deutschland ist Strom an
der Börse seit Januar rund 140 Prozent teurer geworden, in Italien
340 Prozent und in Spanien sogar 425 Prozent.

Das spiegelt sich auch in den Strom- und Heizkostenrechnungen von
Haushalten wieder - wenn auch weniger dramatisch als im Großhandel.
Das liegt daran, dass der Verbraucherpreis auch durch Steuern,
Umlagen und Netzentgelte bestimmt wird. Laut dem Vergleichsportal
Verivox sind die Stromkosten in Deutschland im Oktober im Vergleich
zum Vorjahr um 9,3 Prozent gestiegen. Damit ist Strom in Deutschland
so teuer wie noch nie. Fürs Heizen mit Gas zahlten Verbraucher 28
Prozent mehr, und wer mit Öl heizt, muss sogar 87 Prozent mehr
bezahlen als noch vor einem Jahr.

Mehrere Mitgliedstaaten haben kurzfristig eingegriffen, um
Privathaushalte vor hohen Strom- und Heizungsrechnungen zu schützen.
Frankreich hat beispielsweise eine Tarifbremse versprochen und will
ärmeren Haushalten 100 Euro zahlen. Italien will 3 Milliarden Euro
ausgeben, um Haushalten einen Teil ihrer Strom- und Gasrechnungen zu
erlassen, etwa durch Steuersenkungen. Die «Toolbox» soll solche und
ähnliche Maßnahmen zusammentragen und koordinieren.

Manchen Mitgliedstaaten ist das allerdings nicht genug. Der
französische Finanzminister Bruno Le Maire sagte vergangene Woche,
Energiepreise würden in Zeiten der Energiewende unbeständig bleiben.
Länder wie Spanien, Frankreich und Griechenland haben langfristige
Maßnahmen auf europäischer Ebene gefordert. Unter anderem wollen die
Staaten Gaseinkäufe koordinieren, gemeinsame Gasreserven schaffen und
den Preis von Strom und Gas entkoppeln. Solche mittelfristigen
Maßnahmen könnten in der «Toolbox» aufgelistet werden. Konkrete
Verhandlungen dazu soll es aber erst bei einem EU-Gipfel am 21. und
22. Oktober geben, wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
vergangene Woche sagte.

Die Kommission ist bei gemeinsamen Maßnahmen zurückhaltend, auch weil
sie den Preisanstieg als vorübergehend ansieht. Spätestens im April
sollen die Preise nach Schätzungen der Kommission wieder sinken,
allerdings auf ein höheres Niveau als 2020. Grundsätzlich stehe
hinter dem Preisanstieg eine ungewöhnlich hohe Nachfrage im Zuge der
Erholung von der Corona-Pandemie. Gleichzeitig fehle es an Angebot,
und die Reserven seien wegen des kalten vergangenen Winters geleert.