Debatte um den Rechtsstaat: Polens Premier Morawiecki im EU-Parlament

18.10.2021 17:30

Straßburg (dpa) - Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bezieht
am Dienstag (9.00 Uhr) im Straßburger Europaparlament Stellung zu den
umstrittenen Justizreformen seines Landes. Auch das jüngste Urteil
des polnischen Verfassungsgerichts, das den Vorrang von EU-Recht in
Frage stellt, dürfte bei der Debatte eine herausgehobene Rolle
spielen. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, die das Urteil
scharf kritisiert hatte, wird ebenfalls im Parlament erwartet.

Die nationalkonservative PiS-Regierung baut das Justizwesen in Polen
seit Jahren um. Kritiker werfen ihr vor, Richter unter Druck zu
setzen und ihrer Unabhängigkeit zu berauben. Die EU-Kommission hat
deshalb mehrere Verletzungsverfahren gegen Warschau eingeleitet. Zum
Teil erklärte der Europäische Gerichtshof die Reformen für
rechtswidrig.

Anfang Oktober urteilte das polnische Verfassungsgericht dann, dass
Teile des EU-Rechts nicht mit Polens Verfassung vereinbar seien.
Diese Entscheidung wird von der EU-Kommission als höchst
problematisch angesehen, weil sie der polnischen Regierung einen
Vorwand geben könnte, ihr unliebsame Urteile des EuGH zu ignorieren.
Die EU-Kommission sieht einen absoluten Vorrang von EU-Recht vor
nationalem Recht.

Wie der Konflikt gelöst werden könnte, ist unklar. Aus Sicht von
Ländern wie Luxemburg oder der Niederlande müsste Polen eigentlich
aus der EU austreten, wenn es sich nicht vollständig an
Gemeinschaftsrecht halten will. Morawiecki hatte zuletzt betont, dass
ein EU-Austritt seines Landes nicht zur Debatte steht. Auch ein
Großteil der Bevölkerung bewertet die EU-Mitgliedschaft positiv.