Baerbock fordert Geduld und Ausdauer in Gesprächen mit Russland

13.01.2022 21:25

Wie geht es weiter im Dialog mit Russland? Bei einem Treffen der
EU-Außenminister wirbt Annalena Baerbock für einen langen Atem.
Anderen betonen dagegen die roten Linien.

Brest (dpa) - Bundesaußenministerin Annalena Baerbock wirbt
ungeachtet der bislang ausgebliebenen Ergebnisse für eine Fortsetzung
der Gespräche mit Russland. «Auch wenn es derzeit keine wirklichen
Bewegungen gegeben hat, ist es wichtig, dass man endlich wieder an
den Dialogtisch zurückkehrt», sagte die Grünen-Politikerin am
Donnerstag am Rande eines EU-Treffens im französischen Brest. «Das
Wichtige ist, dass wir am Tisch sitzen, dass Gespräche jetzt geführt
werden. Und zwar - auch wenn es hart ist - mit ganz, ganz viel Geduld
und Ausdauer.»

Kollegen wie der Luxemburger Jean Asselborn äußerten sich in der
nordwestfranzösischen Hafenstadt ähnlich. «Wir sind da (...), um
Kriege zu verhindern, alles zu tun, damit keine Kriege entstehen»,
sagte der dienstälteste EU-Außenminister. Es dürfe keine Tür
zugeschlagen werden. Vertreter von Ländern wie Dänemark, Schweden,
Litauen und Polen forderten zugleich aber dazu auf, Russland und
seinem Präsidenten Wladimir Putin klare rote Linien aufzuzeigen und
nannten insbesondere die Forderung Moskaus nach einem Stopp der
Nato-Erweiterung als Beispiel.

Putin müsse verstehen, dass seine militärischen Drohungen vollkommen
inakzeptabel seien, sagte der dänische Außenminister Jeppe Kofod. Der
Kremlchef versuche, die dunkelsten Tage des Kalten Krieges wieder
aufleben zu lassen.

Der Rumäne Bogdan Aurescu sprach sich dafür aus, die
EU-Sanktionsvorbereitungen für den Fall voranzutreiben, dass Russland
die Ukraine angreifen sollte. «Die Möglichkeit der Annahme neuer
Sanktionen stellt den Beitrag der EU dar, Russland von weiteren
aggressiven Handlungen abzuhalten», sagte er.

Am Rande des Außenministertreffens teilte die EU mit, dass die
bereits bestehenden Wirtschaftssanktionen gegen Russland gemäß einer
Entscheidung der Staats- und Regierungschefs aus dem Dezember um
weitere sechs Monate verlängert wurden. Sie waren nach dem Absturz
eines malaysischen Flugzeugs mit 298 Menschen über der Ostukraine im
Juli 2014 verhängt worden. Es wurde Ermittlungen zufolge von
prorussischen Separatisten abgeschossen.

Bei der ersten Sitzung des Nato-Russland-Rats seit rund zweieinhalb
Jahren hatten sich am Tag vor dem EU-Treffen Vertreter beider Seiten
rund vier Stunden über den Ukraine-Konflikt und andere aktuelle
Streitthemen ausgetauscht. Dabei war man sich nach Angaben des
Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg auch einig, dass ein Zeitplan
für weitere Treffen ausgelotet werden soll.

Russland fordert von der Nato unter unter anderem einen Verzicht auf
eine Aufnahme von Ländern wie der Ukraine und Georgien sowie den
Rückzug von Streitkräften aus östlichen Bündnisstaaten. Der aktuell
e
russische Truppenaufmarsch steht damit nach Einschätzung westlicher
Geheimdienste in Verbindung. Er soll demnach vor allem Ängste vor
einem russischen Einmarsch in der Ukraine schüren, um die Nato zu
Zugeständnissen zu bewegen.

Ob es Kompromisse geben könnte, ist bislang unklar. Zu der Frage, ob
aus ihrer Sicht der von Russland geforderte Abzug von US-Atomwaffen
aus Ländern wie Deutschland diskutiert werden sollte, wollte sich
Baerbock in Brest nicht konkret äußern. «Über Fragen von Abrüstun
g
muss und sollte gesprochen werden. Aber jetzt, wo man sich gerade an
den Tisch gesetzt hat, kommentiere ich nicht offen irgendwelche
einzelnen Überlegungen», sagte sie.

Baerbock will in der kommenden Woche nach Moskau reisen und dort den
russischen Außenminister Sergej Lawrow treffen. Nach Angaben des
russischen Außenministeriums wird es die erste persönliche Begegnung
Lawrows mit der neuen deutschen Außenministerin sein.