EZB-Direktorin: Zu frühe Zinserhöhung könnte Aufschwung abwürgen

14.01.2022 20:50

Frankfurt/Main (dpa) - EZB-Direktorin Isabel Schnabel hat die
Geldpolitik der Notenbank verteidigt und vor schnellen Zinserhöhungen
gewarnt. In den Prognosen sinke die Inflation mittelfristig sogar
unter das EZB-Ziel von zwei Prozent, sagte die deutsche Volkswirtin
der «Süddeutschen Zeitung» (Samstag). «Darum dürfen wir die Zinse
n
nicht zu früh erhöhen. Denn das könnte dazu führen, dass der
Aufschwung abgewürgt wird.» Die Währungshüter würden aber schnell
und
entschlossen reagieren, wenn sie zum Schluss kämen, dass sich die
Inflation doch oberhalb der zwei Prozent festsetzen könnte.

Schnabel räumte ein, dass die Teuerungsrate höher ist als
ursprünglich erwartet. Die EZB habe großes Verständnis dafür, dass

viele Bürger besorgt seien, weil die inflationsbereinigten Löhne und
Zinserträge gefallen seien. Allerdings argumentierte die
Notenbankerin, dass die Inflation über einen längeren Zeitraum nicht
so stark gestiegen ist: «Vergleicht man die Preise heute mit denen
vor zwei Jahren, so betrug die jährliche Inflation in Deutschland im
Dezember lediglich 2,5 Prozent. Denn im ersten Jahr der Pandemie sind
die Preise sogar gefallen.»

Im Vergleich zum Vorjahresmonat stiegen die deutschen
Verbraucherpreise im Dezember um 5,3 Prozent. Damit erreichte die
Teuerungsrate den höchsten Stand seit Juni 1992. Eine höhere
Inflation schwächt die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sie sich für
einen Euro weniger kaufen können als zuvor. Kritiker werfen der EZB
vor, mit ihrer ultralockeren Geldpolitik die Teuerung anzuheizen, die
sie eigentlich im Zaum halten will.