EU stellt Ukraine Unterstützung bei Militärausbildung in Aussicht

24.01.2022 21:23

Wie kann die Europäische Union die Ukraine weiter unterstützen, ohne
Russland unnötig zu provozieren? Diese Frage stellt sich für die
Außenminister der EU-Staaten. Bei einem Treffen in Brüssel gibt es
nun erste Antworten.

Brüssel (dpa) - Die Außenminister der 27 EU-Staaten haben der Ukraine
Unterstützung bei der Militärausbildung in Aussicht gestellt. Die EU
sei dabei, Modalitäten für die Hilfe festzulegen, heißt es in einer
am Montag bei einem Treffen in Brüssel veröffentlichten Erklärung zum

Ukraine-Konflikt und den Spannungen mit Russland. Zudem sei man
entschlossen, die Ukraine weiter bei der Bekämpfung von Cyber- und
Hybridgefahren sowie von Desinformation zu unterstützen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schloss nicht aus, dass Deutschland
sich an der Militärausbildung beteiligt. «Die einzige Sache, die wir
immer klar gesagt haben, so wie auch die frühere Bundesregierung,
ist: Wir liefern keine letalen Waffen», sagte der SPD-Politiker bei
einer Pressekonferenz in Berlin auf eine entsprechende Frage.
«Ansonsten hat es Kooperation und Unterstützung in der Vergangenheit
gegeben und wird es auch in Zukunft geben, auch mit unseren Freunden
zusammen.»

Scholz hatte den Forderungen der Ukraine nach Lieferung letaler, also
tödlicher Waffen vor einer Woche eine klare Absage erteilt. Die
Bundesregierung folgt damit dem Prinzip, keine Waffen in
Konfliktgebiete zu liefern, von dem frühere Regierung allerdings auch
Ausnahmen gemacht haben. Unklar ist noch, ob Deutschland dem Wunsch
der Ukraine nachkommen wird, militärische Schutzausrüstung wie Westen
oder Helme zu liefern.

Die Trainingsmission der EU soll nach den jüngsten Planungen des
Auswärtigen Dienstes der EU speziell für das Führungspersonal der
ukrainischen Streitkräfte konzipiert werden. Auch Schweden hat sich
bereits klar dafür ausgesprochen.

Zum aktuellen Kurs der Regierung in Moskau heißt es in der
EU-Erklärung, der Ministerrat verurteile die fortgesetzten
aggressiven Handlungen und Drohungen Russlands gegenüber der Ukraine
und fordere dazu auf, Deeskalation zu üben, das Völkerrecht
einzuhalten und konstruktiv über die etablierten internationalen
Mechanismen in den Dialog einzutreten. Vorstellungen von
«Einflusssphären» hätten im 21. Jahrhundert keinen Platz.

Zudem drohten die Minister für den Fall eines russischen Angriffs
erneut mit Vergeltung. Jede weitere militärische Aggression gegen die
Ukraine werde «massive Konsequenzen und hohe Kosten» nach sich
ziehen. Dazu gehöre eine breite Palette an Sanktionen gegen
Wirtschaftssektoren und Personen. Die vorbereitenden Arbeiten seien
zuletzt beschleunigt worden, heißt es in der Erklärung.

Zu der Frage, ob aus deutscher Perspektive auch ein Ausschluss
Russlands aus dem Swift-System zum Austausch von Informationen über
Finanztransaktionen in Betracht gezogen werden sollte, sagte
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, «der härteste Knüppel» w
erde
am Ende «nicht immer das intelligenteste Schwert» sein. Zugleich
schloss sie einen solchen Schritt aber auch nicht aus. Es gebe eine
intensive Arbeit an gemeinsamen Sanktionen, auch in enger Abstimmung
zwischen der Europäischen Union und der amerikanischen Regierung,
sagte die Grünen-Politikerin.

Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarschs in der Nähe
der Ukraine wird im Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch
in das Nachbarland planen könnte. Für möglich wird allerdings auch
gehalten, dass nur Ängste geschürt werden sollen, um die Nato-Staaten
zu Zugeständnissen bei Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu
bewegen. Erklärtes Ziel Russlands ist es etwa, dass die Nato auf eine
weitere Osterweiterung verzichtet und ihre Streitkräfte aus östlichen
Bündnisstaaten abzieht. Die Nato, aber auch die EU lehnen diese
Forderungen als inakzeptabel ab.

Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis äußerte sich am Montag

pessimistisch über die Perspektiven auf eine friedliche Lösung des
Konflikts. «Wir sind davon überzeugt, dass ein echter Krieg von hoher
Wahrscheinlichkeit ist.» Der Rumäne Bogdan Aurescu sagte, die
Sicherheitssituation in Europa verschlechtere sich wegen des
russischen Truppenaufmarsches in der Nähe zur Ukraine und in der
Schwarzmeerregion. Die EU müsse nun sichtbar und laut reagieren.