Borrell: Kann Kritiker von Waffenlieferungen nicht verstehen

10.05.2022 22:11

Brüssel (dpa) - Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat
Waffenlieferungen an die von Russland angegriffene Ukraine vehement
verteidigt. Er verstehe die Leute nicht, die in Waffenlieferungen vor
allem eine Verlängerung des Krieges sähen. «Ich frage diese Leute:
Spielt es keine Rolle, wie dieser Krieg endet? Sollen die Ukrainer
auf den Knien rutschen, in Stücke gerissen von den Russen? Ist es
das, was ihr wollt?», sagte Borrell der «Frankfurter Allgemeinen
Zeitung» (Mittwoch). «Sehen Sie, Kriege enden mit einer Verhandlung.
Man muss aber aus einer Position der Stärke an den Verhandlungstisch
kommen, und es geht jetzt darum, die Ukrainer in diese Position zu
bringen.»

Dass die EU bei solchen Verhandlungen eine Vermittlerrolle einnehmen
könnte, schloss Borrell aus. «Das würden die Russen nicht
akzeptieren, so wie wir Russland nicht als Vermittler akzeptieren
würden», sagte der 75-Jährige. «Die Türkei macht da einen ganz gu
ten
Job. Die hat gute Beziehungen zu beiden Seiten. Am besten wären
natürlich die Vereinten Nationen», sagte Borrell. Die Türkei war
zuletzt bereits als Vermittler in dem Konflikt aktiv geworden.

Borrell kritisierte, dass die EU bei vielen Entscheidungen auf die
Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten angewiesen ist. «Das Vetorecht hat
mit sechs Mitgliedern funktioniert, aber nicht heute mit 27 und nicht
morgen mit vielleicht 33 Ländern. Das ist immer schwieriger.»