London lehnt EU-Vorschläge zu Brexit-Regeln für Nordirland ab

11.05.2022 08:43

London (dpa) - Großbritannien hat EU-Pläne für Änderungen an den
Brexit-Sonderregeln für Nordirland brüsk zurückgewiesen. «Die
aktuellen EU-Vorschläge gehen nicht angemessen auf die wirklichen
Probleme ein, die Nordirland betreffen, und würden uns in einigen
Fällen zurückwerfen», sagte Außenministerin Liz Truss britischen
Medien zufolge in der Nacht zum Mittwoch. Ihr Ministerium warnte, die
Handelsbeziehungen könnten sich verschlechtern und Waren des
täglichen Bedarfs aus den Regalen in Nordirland verschwinden.
Premierminister Boris Johnson hatte die Lage zuvor «sehr schwierig»
genannt.

London droht offen mit dem Bruch des sogenannten
Nordirland-Protokolls aus dem Brexit-Vertrag mit der EU, das Johnson
selbst unterschrieben hatte. Das Protokoll soll Kontrollen an der
Grenze zum EU-Mitglied Republik Irland vermeiden und neue Konflikte
zwischen Befürwortern und Gegnern einer Vereinigung der beiden Teile
Irlands verhindern. Dafür müssen nun aber Waren kontrolliert werden,
wenn sie von Großbritannien nach Nordirland gebracht werden. Anhänger
der Union fürchten, dass dies zu einer Entfremdung von London führt.

Truss behauptete, die EU-Vorschläge würden zu mehr Kontrollen,
Bürokratie und Hindernissen führen. «Wir haben immer eine
Verhandlungslösung bevorzugt, aber werden nicht davor
zurückschrecken, Maßnahmen zur Stabilisierung der Situation in
Nordirland zu ergreifen, wenn keine Lösungen gefunden werden können»,

sagte die Außenministerin.

Bundekanzler Olaf Scholz und EU-Kommissionsvizepräsident Maros
Sefcovic hatten Großbritannien vor einseitigen Schritten gewarnt.
Sollte London das Protokoll brechen, droht auch das Scheitern des
Brexit-Vertrags - die Folge wäre ein Handelskrieg. Der Streit um das
Protokoll gefährdet auch die Bildung einer neuen Regionalregierung in
Nordirland nach der Parlamentswahl vergangene Woche.