EU und Japan üben Schulterschluss - Digitale Partnerschaft

12.05.2022 06:00

Angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und
wachsender Spannungen im Indo-Pazifik rücken die Europäische Union
und Japan wirtschaftlich und politisch enger zusammen. Dazu gehört
künftig eine digitale Partnerschaft zwischen beiden Seiten.

Tokio (dpa) - Die Europäische Union (EU) und Japan rücken
sicherheitspolitisch und wirtschaftlich enger zusammen. Beim 28.
EU-Japan-Gipfeltreffen in Tokio riefen beide Seiten am Donnerstag
eine digitale Partnerschaft zur Entwicklung von digitalen
Technologien, Cybersicherheit, Datenströmen und künstlicher
Intelligenz ins Leben. «Führung in diesem Bereich ist der Schlüssel
zu unserer Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit», sagte
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Anschluss an das
Treffen mit dem japanischen Regierungschef Fumio Kishida in Tokio.

Es sei die erste Partnerschaft dieser Art zwischen der EU und einem
anderen Land. Beide Seiten einigten sich zudem darauf, ihre
Zusammenarbeit zu nutzen, um die Lieferketten zum Beispiel bei
Halbleitern zu stärken und zu diversifizieren, wie von der Leyen
sagte. Die EU versucht schon länger, seine digitalen
Wirtschaftsbereiche auszubauen, um nicht noch weiter von anderen
Ländern abgehängt zu werden. Im Zuge des weltweiten Mikrochip-Mangels
etwa waren Europas Abhängigkeiten von Importen schmerzhaft zu Tage
getreten.

Welche konkreten Auswirkungen die neue digitale Partnerschaft haben
wird, ist noch unklar. Zunächst sei das Ziel, hochrangige Treffen auf
Ministerebene einzuberufen und einen Rahmen für eine engere
Kooperation zu schaffen, sagte ein EU-Beamter vor dem Gipfel.

Die EU und Japan wollen auch in anderen Bereichen verstärkt
kooperieren. Bei dem Gipfel zwischen von der Leyen, EU-Ratspräsident
Charles Michel und Japans Ministerpräsident Kishida vereinbarten
beide Seiten, auch bei der Verwirklichung eines «freien und offenen»
Indo-Pazifik zusammenzuarbeiten und die Wirtschafts- und
Energiesicherheit zu gewährleisten, wie Kishida mitteilte.

Die EU will künftig eine aktivere Rolle im Indo-Pazifik spielen. Der
Indo-Pazifik sei eine «blühende Region», aber auch eine Region mit
«Spannungen», sagte die Kommissionspräsidentin. Hintergrund ist der
wachsende Machtanspruch Chinas in der Region sowie die Bedrohung
durch Nordkoreas Raketen- und Atomprogramm. «Wir wollen in einer für
unseren Wohlstand so wichtigen Region mehr Verantwortung übernehmen»,
kündigte von der Leyen an. Für die EU ist Japan einer der wichtigsten
Verbündeten in der indo-pazifischen Region.

Von der Leyen würdigte Japans «starke» Reaktion auf Russlands
Angriffskrieg gegen die Ukraine. Japan ist eines von fünf Ländern in
der indo-pazifischen Region, die nach Russlands Einmarsch in die
Ukraine Sanktionen gegen Moskau beschlossen hatten. Als Mitglied der
Gruppe der sieben führenden demokratischen Wirtschaftsnationen (G7)
erklärte sich Japan zudem kürzlich bereit, neben anderen neuen
Strafmaßnahmen russische Öleinfuhren auslaufen zu lassen
beziehungsweise zu verbieten. Ein Schritt, über den die EU-Staaten
seit längerem erbittert ringen und keinen Konsens finden können.

Kishida hatte gleich nach Beginn des russischen Überfalls auf die
Ukraine erklärt, dass der Krieg nicht nur Europa betreffe, sondern
auch mögliche Auswirkungen auf die indo-pazifische Region habe. Es
gibt Befürchtungen, dass China eines Tages dem Beispiel Russlands
folgen könnte und sich gewaltsam Taiwan einverleiben könnte.