London eskaliert Streit mit EU um Brexit-Regeln für Nordirland weiter

12.05.2022 09:11

London (dpa) - Unmittelbar vor neuen Gesprächen zwischen der EU und
Großbritannien über Brexit-Sonderregeln für Nordirland eskaliert die

Regierung in London die Situation weiter. Nach Einschätzung der
britischen Generalstaatsanwältin Suella Braverman hat Premierminister
Boris Johnson das Recht, das sogenannte Nordirland-Protokoll in
weiten Teilen aufzukündigen, wie die Zeitung «Times» am Donnerstag
berichtete. Ein solcher Schritt sei legal, da die EU die Vereinbarung
«unverhältnismäßig und unvernünftig» umsetze. Braverman sitzt f
ür
Johnsons Konservative Partei im Parlament.

Außenministerin Liz Truss wollte am Donnerstag mit
EU-Vizekommissionspräsident Maros Sefcovic telefonieren. Wie die
Zeitung «Telegraph» berichtete, will Truss dabei eine Frist von 72
Stunden stellen. Wenn sich die EU in dieser Zeit nicht bewege, werde
Truss einen Gesetzesentwurf vorlegen, mit dem das
Nordirland-Protokoll aufgehoben werden könne, schrieb das Blatt. Wie
der «Business Insider» berichtete, will Premier Johnson Anfang
kommender Woche in einer Rede die britischen Pläne vorstellen.

Das Nordirland-Protokoll, das Johnson selbst ausgehandelt hatte, soll
nach dem Brexit Kontrollen an der Grenze zum EU-Mitglied Republik
Irland vermeiden und neue Konflikte zwischen Befürwortern und Gegnern
einer Vereinigung der beiden Teile Irlands verhindern. Dafür müssen
nun aber Waren kontrolliert werden, wenn sie von Großbritannien nach
Nordirland gebracht werden. Nordirische Anhänger der Union fürchten
eine Entfremdung von London.

Braverman komme zum Schluss, dass die EU den als Karfreitagsabkommen
bekannten Friedensschluss in der einstigen Bürgerkriegsregion
untergrabe, zitierte die «Times» eine Regierungsquelle. Es gebe
zunehmende Anzeichen von Gewalt in Nordirland.