Britisches Kabinettsmitglied: EU will London für Brexit bestrafen

13.05.2022 12:53

London (dpa) - Im Streit um Brexit-Regeln für Nordirland hat ein
britisches Regierungsmitglied der EU vorgeworfen, sie wolle
Großbritannien für den EU-Austritt bestrafen. «Ich denke, sie will
dem Vereinigten Königreich ein schlechtes Gewissen machen, weil es
die EU verlassen hat», sagte der Staatssekretär für Brexit-Chancen,
Jacob Rees-Mogg, am Freitag der BBC. «Das untermauert ihre ganze
Politik, und sie kümmert sich nicht wirklich um die Folgen.»
Rees-Mogg sagte, Großbritannien dürfe keine Rücksicht nehmen. «Wir

müssen unseren eigenen Weg gehen. Wir sind ein unabhängiges Land, und
was die EU will und denkt, ist zweitrangig.»

London droht der EU ultimativ mit der einseitigen Aufhebung des
sogenannten Nordirland-Protokolls. Die Vereinbarung aus dem
Brexit-Vertrag soll Warenkontrollen zwischen der britischen Provinz
und dem EU-Staat Irland verhindern und damit neue Konflikte in der
früheren Bürgerkriegsregion verhindern. Allerdings ist dadurch eine
Zollgrenze zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten
Königreichs entstanden, die der britischen Regierung ein Dorn im Auge
ist. London fordert eine Neuverhandlung des Abkommens, das
Premierminister Boris Johnson selbst unterzeichnet hatte.

Rees-Mogg warf der EU vor, sie handele in böser Absicht. Der Vertrag
sehe eine Überarbeitung vor, behauptete er. Diese sei aber bisher
nicht erfolgt. Dem Sender Sky News sagte der konservative Politiker:
«Die Überarbeitung ist nicht geschehnen, weil die EU nicht bereit
war, auf Treu und Glauben zu verhandeln.» Die Vorsitzende des
Binnenmarktausschusses des EU-Parlaments, Anna Cavazzini, bezeichnete
es als «absurd und unverantwortlich», dass London jetzt einen Streit

als Ablenkungsmanöver mit der EU beginne. «Es zeigt: Premierminister
Boris Johnson steht innenpolitisch mit dem Rücken zur Wand.»

Brüssel beharrt darauf, dass es sich beim Nordirland-Protokoll um
einen völkerrechtlich bindenden, internationalen Vertrag handelt. Die
EU hat Änderungen vorgeschlagen, die Großbritannien aber als
unzureichend und kontraproduktiv abgelehnt hat. Cavazzini betont
auch, dass die EU Ruhe bewahren sollte. «Noch bewegen wir uns im
Bereich vager Ankündigungen und Drohungen, die über die Presse
gespielt werden», sagte die Grünen-Politikerin. Auf dieser Grundlage

mache man keine Politik.