Faeser: Bei Ermittlungen gegen Kindesmissbrauch nicht überziehen

22.05.2022 10:10

Berlin/Brüssel (dpa) - Bundesinnenministerin Nancy Faeser will den
Kampf gegen Kinderpornografie verstärken - den Vorschlag der
EU-Kommission für die Durchsuchung auch von verschlüsselten
Messenger-Nachrichten lehnt die SPD-Politikerin jedoch ab.

«Ich will die Gangart gegenüber den Tätern, die Kindern furchtbare
Gewalt antun, verschärfen. Wir müssen härter gegen diese widerwärti
ge
Kriminalität vorgehen - gerade auch auf europäischer Ebene, um an die
großen Plattformen ranzukommen», sagte sie der «Bild am Sonntag».
«Aber wir dürfen nicht in verschlüsselte private Kommunikation
eingreifen und damit viele Menschen treffen, die mit diesen Taten
überhaupt nichts zu tun haben.»

Es sei eine große Errungenschaft, dass es Kommunikation gebe, in die
der Staat nicht hineinschauen dürfe. «Jede private Nachricht
anlasslos zu kontrollieren, halte ich nicht für vereinbar mit unseren
Freiheitsrechten», sagte Faeser. Missbrauchsbilder würden vor allem
in Foren und auf Darknet-Plattformen geteilt und vermarktet. «Genau
diese müssen wir konsequent im Blick haben, die Täter überführen un
d
die Plattformen abschalten. Wird dort Material entdeckt, muss der
Anbieter sofort die Ermittlungsbehörden informieren, damit die
umgehend tätig werden können», betonte die Ministerin.

Dieses Vorgehen werde eindeutig zu mehr Ermittlungsfällen führen.
Deshalb müsse es zusätzliche Stellen bei der Polizei und den
Strafverfolgungsbehörden in den Ländern sowie «eine sehr
gute technische Ausstattung» geben.

Wer Fotos und Videos von sexuellem Missbrauch von Kindern im Netz
teilt, soll nach dem Willen der EU-Kommission künftig einfacher
gefasst werden. Wie aus einem Mitte Mai vorgestellten Gesetzentwurf
hervorgeht, könnten Anbieter wie Google oder Facebook verpflichtet
werden, ihre Dienste mithilfe von Software nach entsprechenden
Darstellungen zu durchsuchen. Zudem soll ein EU-Zentrum eingerichtet
werden, das entsprechende Technologie bereitstellen soll.

Laut dem auch von Datenschützern und anderen Politikern kritisierten
Brüsseler Gesetzentwurf sollen diese Technologien keine anderen
Informationen extrahieren können als die, die auf die Verbreitung von
Missbrauchsmaterial hindeuten. Die Software solle so gestaltet sein,
dass sie den geringstmöglichen Eingriff in die Privatsphäre von
Nutzerinnen und Nutzern darstellt. Laut EU-Kommission wurden 2021
weltweit 85 Millionen Bilder und Videos gemeldet, die sexuellen
Missbrauch von Kindern zeigen - die Dunkelziffer sei jedoch sehr
hoch.