Westbalkan-Staaten erwägen Fernbleiben von EU-Gipfel

22.06.2022 10:20

Skopje/Tirana/Belgrad (dpa) - Die Führer der drei Westbalkan-Staaten
Serbien, Albanien und Nordmazedonien erwägen ein Fernbleiben vom
EU-Gipfel in dieser Woche. Neben dem EU-Kandidatenstatus für die
Ukraine soll der am Donnerstag startende Gipfel auch die
Beitrittsaussichten für die Westbalkanstaaten erörtern.

Grund für das mögliche Fernbleiben der Drei ist die Vetodrohung des
EU-Mitgliedslands Bulgarien, das seit mehr als zwei Jahren den Beginn
von Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien blockiert.
Sofia fordert als Vorbedingung für die Beitrittsgespräche mit
Nordmazedonien, dass darin auch Fragen der «gemeinsamen Geschichte»,
der Sprache und der nationalen Identität erörtert werden.

Er empfehle dem nordmazedonischen Ministerpräsidenten Dimitar
Kovacevski, nicht zum Brüsseler EU-Gipfel zu reisen, erklärte
Staatspräsident Stevo Pendarovski am Dienstagabend dem in Skopje
ansässigen Fernsehsender TV24 Casa. «Es ist inakzeptabel, dass
historische Fragen und Sprachstreitigkeiten in den Verhandlungsrahmen
mit der EU aufgenommen werden», sagte er.

Noch deutlicher wurde der albanische Ministerpräsident Edi Rama. «Die
ganze Union gekidnappt von Bulgarien ist kein Schauspiel, das man
sich gerne ansehen würde!», teilte er am Dienstag über Twitter mit.
«Was sollen wir dort?»

Auch Serbiens Präsident Aleksandar Vucic erwägt, sich der
Teilnahmeverweigerung Nordmazedoniens und Albaniens anzuschließen.
Kovacevski, Rama und er würden ihre diesbezügliche Entscheidung
Mittwochmittag bekanntgeben, schrieb Vucic auf Twitter.

Der EU-Gipfel soll unter anderem über einen möglichen
EU-Kandidatenstatus für die Ukraine und Moldau entscheiden. Die
Westbalkanländer, zu denen auch noch Bosnien-Herzegowina, das Kosovo
und Montenegro gehören, befinden sich in unterschiedlichen Phasen des
Annäherungsprozesses an die EU.