EU-Staaten einigen sich nach langem Streit auf Teil der Asylreform

22.06.2022 17:00

Brüssel (dpa) - Im Kampf gegen illegale Migration haben sich die
EU-Staaten auf verschärfte Regeln an den europäischen Außengrenzen
und eine Reform der Datenbank zur Abnahme von Fingerabdrücken
geeinigt. Die ständigen Vertreter der 27 Länder in Brüssel fassten am

Mittwoch die notwendigen Beschlüsse, nachdem die Innenminister
bereits vor knapp zwei Wochen eine politische Einigung dazu erzielt
hatten. Zugleich schlossen sich Deutschland und 20 andere europäische
Länder einem Mechanismus zur Unterstützung der Mittelmeerländer im
Umgang mit Asylsuchenden an.

Die EU-Staaten sind seit Jahren tief zerstritten über die gemeinsame
Asyl- und Migrationspolitik. Knackpunkt ist vor allem die Frage, wie
und ob Schutzsuchende in der EU verteilt werden sollten. Staaten wie
Polen, Ungarn oder Österreich lehnen eine verpflichtende Quote strikt
ab. Südliche Länder wie Italien und Griechenland, in denen viele
Migranten ankommen, fordern dagegen mehr Unterstützung. Hinzu kommt,
dass Länder wie Deutschland und die Niederlande ein stärkeres
Vorgehen gegen sogenannte Sekundärmigration fordern, also das
Weiterziehen Schutzsuchender von einem EU-Land ins nächste.

Die Einigung vom Mittwoch ist der erste greifbare Fortschritt in der
Migrationspolitik seit langem. Nun müssen die EU-Staaten sich mit dem
Europaparlament auf eine gemeinsame Position verständigen.

Unter das neue Screening-Verfahren an den Außengrenzen sollen
Asylsuchende und andere Migranten fallen. Ihre Identität soll geprüft
werden und es sollen etwa Sicherheits- und Gesundheitschecks
vorgenommen werden. Das Screening soll beispielsweise in der Nähe der
Außengrenze und in höchstens fünf Tagen durchgeführt werden.
Letztlich soll so schon an der Grenze entschieden werden, wer gar
keine Aussicht auf einen Schutzstatus hat. Die Organisation Pro Asyl
warnte, die Screening-Verordnung würde zur «verpflichtenden
Einführung von De-facto-Haftlagern an Europas Grenzen» führen.

Die Einigung auf eine Reform der Fingerabdruck-Datenbank Eurodac soll
unter anderem dazu führen, dass Migranten, die mehrere Anträge
stellen, einfacher identifiziert werden. Zudem sollen künftig unter
anderem auch biometrische Daten in dem System erfasst werden.

Die Teilnahme an dem Solidaritätsmechanismus, der Griechenland,
Zypern, Italien, Malta und Spanien entlasten soll, ist freiwillig.
Die Staaten könnten den Mittelmeerländern entweder Schutzsuchende
abnehmen oder ihnen auf andere Weise helfen - etwa mit Geld oder
Sachleistungen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schätzte vor
zwei Wochen, dass Deutschland und etwa elf weitere Länder Flüchtlinge
aufnehmen würden.