Studie: EU-Importe von Froschschenkeln bedrohen Bestände in Asien

23.06.2022 05:00

So mancher Gourmet hält Froschschenkel für eine Delikatesse. Doch

ein Bericht zeigt die unappetitliche Seite des Froschfangs auf: Ganze
Bestände werden geplündert, mit gravierenden Folgen für die Natur.
Den Tieren werden die Beine oft bei lebendigem Leib abgeschnitten.

München (dpa) - Der Appetit mancher Europäer auf Froschschenkel
bedroht einer Analyse zufolge ganze Bestände in den Herkunftsländern
Asiens und Südosteuropas. Hinzu kommt: «Den meisten Fröschen trennt
man die Schenkel mit Axt oder Schere im Akkord ab - ohne Betäubung.
Die obere Hälfte wird sterbend entsorgt, die Beine werden gehäutet
und für den Export tiefgefroren», sagte Sandra Altherr von der
Artenschutzorganisation Pro Wildlife. Der gemeinsam mit französischen
Kollegen von Robin des Bois erstellte Bericht «Deadly Dish» wurde am
Donnerstag vorgestellt.

Demnach importiert die Europäische Union jährlich etwa 4070 Tonnen
Froschschenkel - das entspricht bis zu 200 Millionen Fröschen. Damit
sei die EU der weltweit größte Importeur. Die Schenkel werden
besonders gerne in Frankreich verspeist, auch Belgien und Holland
sind größere Abnehmerländer. Sie finden sich aber auch in Deutschland

immer wieder auf den Speisekarten vor allem französischer
Restaurants.

Während die Frösche für den US-amerikanischen Markt überwiegend aus

Zuchtbetrieben stammten, würden die allermeisten Frösche für die EU
in der Natur gefangen, heißt es im Bericht. Dies bedrohe die
Froschbestände in den Lieferantenländern massiv, warnen die beiden
Artenschutzorganisationen. Zudem werde ein fataler Domino-Effekt
ausgelöst: «Frösche haben als Insektenvernichter eine zentrale Rolle

im Ökosystem - und wo Frösche verschwinden, wächst der Einsatz
giftiger Pestizide», erläuterte Charlotte Nithart von Robin des Bois.
Die Folgen für Umwelt und Menschen seien gravierend.

«Wir müssen EU-weit, besser noch international, den Handel mit diesen
Arten beschränken», forderte Altherr im Gespräch mit der dpa.
Heimische Frösche zu fangen und zu verkaufen sei in der EU seit 1992
weitgehend verboten, also importiere man seither ungeniert aus
Ländern, in denen das Fangen von Fröschen erlaubt ist - ohne
Rücksicht auf die Folgen für die dortigen Ökosysteme.

In Indonesien etwa, inzwischen aber selbst in der Türkei und in
Albanien, seien die Bestände der großschenkeligen Froscharten bereits
stark dezimiert, erläuterte Altherr. Bei DNA-Analysen indonesischer
Tiefkühlware konnten Wissenschaftler bereits 2017 die einst beliebten
Java-Frösche nicht mehr nachweisen - trotz anderslautender
Deklaration auf der Verpackung. «Die einzige logische Erklärung ist,
dass der auch in der Natur nicht mehr da ist. Denn die Fänger ziehen
nicht los und sagen, ich will diese oder jene Art, sondern die fangen
großschenklige Frösche egal welcher Art», so Altherr.

Auch in der Türkei rechnen Wissenschaftler mit der Ausrottung der
dort heimischen Wasserfrösche in den kommenden Jahren. In Albanien
sei der Skutari-Wasserfrosch inzwischen stark gefährdet, heißt es in
der Studie.