Streit um EU-Erweiterung: Albanien nennt Bulgariens Blockade Schande

23.06.2022 11:28

Brüssel (dpa) - Der albanische Ministerpräsident Edi Rama hat die
Blockade der EU-Beitrittsgespräche mit seinem Land und mit
Nordmazedonien durch Bulgarien als «Schande» bezeichnet. «Ein
Nato-Land - Bulgarien - nimmt zwei andere Nato-Länder - Albanien und
Nordmazedonien - inmitten eines heißen Kriegs in Europa in
Geiselhaft», sagte er am Donnerstag vor einem Treffen der EU-Staats-
und Regierungschefs. «Und die anderen sehen dem in ihrer Impotenz
zu», fügte er hinzu.

Das Treffen mit den Staaten des westlichen Balkan geht dem
eigentlichen EU-Gipfel voraus. Dabei soll es um die EU-Perspektive
von Serbien, Albanien, Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina, dem
Kosovo und Montenegro gehen. Die Länder sind teils seit vielen Jahren
EU-Kandidaten. Bulgarien verlangt vor Beginn der Beitrittsgespräche
mit Nordmazedonien, dass das kleinere Nachbarland auf Forderungen in
Hinblick auf Minderheiten, Geschichtsschreibung und Sprache eingeht.

Frankreich, das bis Ende Juni den EU-Ratsvorsitz innehat, will den
Konflikt noch im Laufe seines Mandats beilegen. Ein französischer
Vorschlag, der die Differenzen überbrücken soll, liegt derzeit dem
bulgarischen Parlament vor. Dieses hatte aber erst am Mittwochabend
dem prowestlichen Ministerpräsidenten Kirill Petkow das Misstrauen
ausgesprochen und damit seine Koalitionsregierung gestürzt.

Zunächst war unklar, ob sich unter diesen Umständen eine Mehrheit im
Parlament finden wird, um den französischen Kompromissvorschlag zu
billigen. Vor dem EU-Gipfel sagte Petkow am Donnerstag, dass er
hoffe, dass das Parlament «in den kommenden Tagen» eine Entscheidung
trifft.