Tusk: Kaczynski versucht, Polen aus der EU zu ziehen

09.08.2022 14:50

Warschau (dpa) - Der ehemalige EU-Ratspräsident und polnische
Oppositionsführer Donald Tusk hat dem nationalkonservativen
Parteichef Jaroslaw Kaczynski vorgeworfen, Polen aus der EU zu
ziehen. Dies geschehe «konsequent und mit der Hartnäckigkeit eines
Wahnsinnigen», schrieb Tusk am Dienstag auf Twitter. «Alle Anhänger
der (Europäischen) Union müssen das endlich begreifen.»

Mit seiner Kritik bezog sich Tusk auf Äußerungen Kaczynskis in einem
Interview der rechtskonservativen Wochenzeitschrift «W Sieci». Darin
hatte er gesagt, bei einem Sieg seiner Partei - der Regierungspartei
«Recht und Gerechtigkeit» (PiS) - bei der in diesem Jahr anstehenden
Parlamentswahl in Polen müssten die Beziehungen zur EU neu geordnet
werden. «Es kann nicht sein - und es wird nicht sein - dass die EU
Traktate, Vereinbarungen, Verträge mit uns nicht anerkennt», sagte
er.

Auf Veränderungen in der EU hatte am Montag auch PiS-Generalsekretär
Krzysztof Sobolewski gedrängt. Das Ziel seiner Partei sei kein
Austritt aus der EU, sagte er im polnischen Rundfunk. Es müsse
allerdings Veränderungen der EU geben, in der er zu starken deutschen
Einfluss kritisierte. Polen werde alle Möglichkeiten ausnutzen, etwa
durch eine breite Anwendung des Veto-Rechts. «Wir werden eine «Zahn
um Zahn»-Taktik anwenden», sagte er.

Seit Jahren gibt es Streit zwischen der EU und Polen um die Medien-
und Justizreform der nationalkonservativen Regierung. In einem vor
wenigen Wochen veröffentlichten Bericht sah die EU-Kommission
deswegen den Rechtsstaat in Polen in Gefahr.