Russland formell raus aus Europäischer Menschenrechtskonvention

16.09.2022 16:09

Straßburg (dpa) - Russland ist ab sofort nicht mehr Mitglied der
Europäischen Menschenrechtskonvention. Der Austritt aus dem Abkommen
wurde von russischer Seite bereits vor einem halben Jahr bekannt
gegeben und ist formell seit Freitag gültig, wie der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mitteilte. Der Europarat hatte
das Land wegen des brutalen Kriegs gegen die Ukraine ausgeschlossen.

Ganz zu Ende ist es aber nicht: Am Gericht seien noch 17 450 Klagen
gegen Russland anhängig. Sie seien alle bis zum Stichtag 16.
September eingereicht und müssten deswegen vom Gericht geprüft
werden, hieß es weiter. Laut Konvention sei Russland weiterhin
vertraglich gebunden, die Urteile dieser verbliebenen Klagen
umzusetzen. Das russische Parlament hatte Anfang Juni jedoch Gesetze
erlassen, wonach die russischen Behörden die Urteile des EGMR nicht
befolgen müssen.

Die Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Renata Alt (FDP), bezeichnete
den Austritt Russlands aus der Konvention als bedauerlich. «Durch
diese weitere Isolation sorgt Putin dafür, dass Millionen von
Russinnen und Russen nicht mehr durch die Europäische
Menschenrechtskonvention geschützt sind.» Auch der Europarat hatte
aus dem gleichen Grund noch am Montag den Wunsch geäußert, Russland
in Zukunft wieder als Mitglied der Konvention aufnehmen zu können.

Der Europarat und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit
Sitz im französischen Straßburg setzen sich gemeinsam für den Schutz

der Menschenrechte in den 46 Mitgliedstaaten ein. Sie gehören nicht
zur Europäischen Union.