EU-Kommission will Ungarn wegen Korruption 7,5 Milliarden Euro kürzen

18.09.2022 10:56

Ungarn kassiert jährlich Milliarden aus dem EU-Haushalt. Gleichzeitig
bemängelt die EU-Kommission in dem Land Korruption in großem Maßstab

und sieht die Gewaltenteilung in Gefahr. Deshalb macht die Behörde
nun einen einmaligen Vorschlag.

Brüssel (dpa) - Wegen Korruption und anderer Verstöße gegen den
Rechtsstaat in Ungarn hat die Europäische Kommission vorgeschlagen,
dem Land Zahlungen in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro aus dem
EU-Haushalt zu kürzen. Das teilte EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn
am Sonntag in Brüssel mit. Es ist das erste Mal, dass die
EU-Kommission diesen Schritt aufgrund von Mängeln im Rechtsstaat
eines EU-Landes vorschlägt.

Das Geld aus dem EU-Haushalt sei in Ungarn nicht ausreichend vor
Missbrauch geschützt, sagte der Österreicher. Zugleich würdigte er
die Zusagen, die die ungarische Regierung zuletzt gemacht hatte, um
die bestehenden Unzulänglichkeiten zu beseitigen. «Ungarn hat sich
tatsächlich bewegt», sagte Hahn.

Um dem Land tatsächlich Geld aus dem EU-Haushalt zu kürzen, müssten
dem Vorschlag nun mindestens 15 Länder mit mindestens 65 Prozent der
EU-Bevölkerung zustimmen.

Eingeleitet hatte die Behörde von Ursula von der Leyen das Verfahren
nach dem sogenannten EU-Rechtsstaatsmechanismus bereits im April.
Dieser ist seit Anfang 2021 in Kraft und soll dafür sorgen, dass
Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien wie die Gewaltenteilung
nicht mehr ungestraft bleiben. Entscheidend dabei ist, dass durch die
Defizite ein Missbrauch von EU-Geldern droht.

Weil Polen und Ungarn sich besonders im Fokus des Instruments sehen,
hatten beide vor dem Europäischen Gerichtshof dagegen geklagt. Dieser
wies die Klagen im Februar jedoch ab. Beide Staaten bekommen jährlich
Milliarden aus dem Gemeinschaftsbudget.

Ungarn hatte gegenüber der EU-Kommission zuletzt etwas
Kompromissbereitschaft gezeigt, räumte die Bedenken der Behörde aber
nicht aus. Deshalb leitete sie nun den nächsten Schritt in dem
Rechtsstaatverfahren ein. Zudem blockiert die Behörde derzeit mehrere
Milliarden Euro an Corona-Hilfen für Ungarn. Es ist das einzige Land,
das sich bislang nicht mit der EU-Kommission auf einen Plan für die
Verwendung des Geldes einigen konnte.