Krisenbewältigung: EU-Kommission stellt neue Maßnahmen vor

19.09.2022 03:15

Geschlossene Grenzen wegen einer Pandemie oder Lebensmittelengpässe
wegen eines Krieges: Europas Bürger und Unternehmen sollen vor
solchen und anderen Krisen künftig besser geschützt sein. Dafür macht

die EU-Kommission nun weitreichende Vorschläge.

Brüssel (dpa) - Die EU-Kommission präsentiert am Montag (11.00 Uhr)
neue Maßnahmen zur Bewältigung von Krisen wie der Corona-Pandemie
oder Russlands Krieg gegen die Ukraine. Einem bereits zuvor bekannt
gewordenen Gesetzentwurf zufolge sollen künftig im Zweifel zum
Beispiel Produktionsvorgaben für Firmen gemacht werden können. Auch
könnte EU-Staaten vorgeschrieben werden, dass sie Reserven von
wichtigen Gütern anlegen müssen. Ob der Gesetzesvorschlag in dieser
Form vorgestellt wird, ist aber noch offen.

Mit dem Vorhaben sollen auch Probleme der Corona-Pandemie wie
kilometerlange Staus wegen geschlossener Grenzen und die Trennung von
Familienmitgliedern verhindert werden. Auf wirtschaftlicher Seite
sind vor allem funktionierende Lieferketten eine der wichtigsten
Funktionen, die künftig aufrechterhalten werden sollen.

Nachdem die Entwürfe bekannt geworden waren, betonte die Chefin der
Kommission, Ursula von der Leyen, die Notwendigkeit, Lieferketten
breiter aufzustellen. Sie sagte aber auch: «Ich würde sehr klar davon
Abstand nehmen, dass wir Mikrovorschriften machen. Das ist nicht die
Aufgabe der Europäischen Kommission.» Industriekommissar Thierry
Breton glaubt, dass die Wirtschaft gerade das Ende einer Ära erlebt.
Der langjährige Glaube an auf enge Zeitfenster abgestimmte
Produktionsabläufe, geografische Spezialisierung und lange
Lieferketten sei überholt, teilte der Franzose jüngst mit.

In Politik und Wirtschaft ist das Echo geteilt. Viele unterstützen,
bessere Absprachen und ausgefeiltere Krisenpläne. Die Schaffung eines
Notfallinstruments sei die richtige Antwort auf die Erfahrungen
während der Covid-Pandemie, sagte etwa der Präsident des Deutschen
Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Peter Adrian, der Deutschen
Presse-Agentur.

«Deutsche Unternehmen wickeln mehr als die Hälfte ihrer Importe und
Exporte mit anderen EU-Ländern ab», so Adrian. Sie seien darauf
angewiesen, dass der europäische Binnenmarkt auch in Krisenzeiten
reibungslos funktioniere. Mögliche Produktionsvorgaben sind für ihn
aber ein Eingriff in die unternehmerische Freiheit.

Nicola Beer (FDP), Vizepräsidentin des EU-Parlaments, lobt ebenfalls
Teile der Pläne, sieht aber mögliche Informationspflichten für
Unternehmen kritisch. Ähnlich äußerte sich der CDU-Europaabgeordnete

Andreas Schwab. Die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses des
EU-Parlaments und Grünen-Politikerin, Anna Cavazzini, wünscht sich
einen stärkeren Schutz für die Reisefreiheit in Krisenfällen.